■ Vorschlag
: Komische Oper goes Afrika: Jan Linkens „Sonnenkönig“

So richtig ist ihm nichts gelungen in den letzten zwei Jahren. Seit der Niederländer Jan Linkens die künstlerische Leitung und Chefchoreographenstelle an der Komischen Oper übernahm, wurde er für seine Fassungen von „Petruschka“ und „Ödipus Rex“ mit Buh- rufen überschüttet, und auch die Neubearbeitungen alter Erfolge konnte die Zuschauerherzen nur auf lau erwärmen. Aber das war eben nur auf der Bühne. Hinter den Kulissen hat Linkens heftig an der Umwandlung des von Tom Schilling geprägten Tanzensembles in eine moderne Compagnie gearbeitet, und der Erfolg zeigt sich jetzt. Mit der Uraufführung von „Sonnenkönig – eine Reise“ präsentiert die Komische Oper nicht nur brillante Tänzer, sondern auch einen über sich selbst hinausgewachsenen Chefchoreographen.

Komische Oper goes Afrika: Die Idee, ausgerechnet Tanzelemente aus den Zeiten Ludwig des XIV. mit ghanesischen (weil der ghanesische Ashanti-König noch heute Sonnenkönig genannt wird) in einem Tanzabend zu verquicken, scheint mehr als gewagt. Linkens läßt die beiden völlig verschiedenen Weisen durch den Tanz Macht aber auch Lebenslust etc. heraufzubeschwören, miteinander kollidieren: Form meets Entfesselung. Am Ende treten die afrikanischen Perkussionisten (großartig und live auf der Bühne: Abdourahmane Diop und Band) mit – bzw. gegen das Orchester der Komischen Oper an. Rameu schallt aus dem Orchestergraben und afrikanische Trommeln von der Bühne. Das hört sich schauderhaft und zugleich großartig an und ist schon allein einen Besuch wert.

Jan Linkens hat einen außergewöhnlichen Sinn für große Gruppentableaus. Und so wie zu Rebels, Rameaus, Purcells Kompositionen verspielt und verfremdet höfische Ballettzeremonielle heraufbeschworen werden, so verfremdet ist auch der Umgang mit der afrikanischen Musik. Welche interessanten Formen aus solch einer Mischung gewonnen werden können, zeigt am beeindruckendsten Martina Wilde, die sich zu dem wilden Getrommele von Abdourahmane Diop nur zentimeterweise bewegt. Es ist einiges los an der Komischen Oper und mit seinem „Sonnenkönig“ dürfte Jan Linkens dem Haus an der Behrenstraße zum Ende der Spielzeit den Publikumsrenner beschert haben. Michaela Schlagenwerth

30. 6., 20 Uhr, Komische Oper, Behrenstraße 55/57