Warum dem Antlantik die Brent Spar erspart blieb

■ Das weltgrößte Offshore-Unternehmen betrieb Lobbying bei europäischen Ministerien und half so, die Versenkung der Ölplattform zu verhindern

Den Haag (taz) – Daß der Shell- Konzern im Juni letzten Jahres bei der Entsorgung der Ölplattform Brent Spar unerwartet doch noch einlenkte, geht offenbar nicht allein auf die erfolgreiche Kampagne von Greenpeace zurück. Nur einen Tag, bevor Shell UK die geplante Versenkung im Atlantik aufgab, hat die niederländische Firma Heerema nach Informationen der taz zwei Den Haager Consulting-Büros beauftragt, auf Ministerebene eine Lösung zu suchen. Das weltweit größte Offshore-Unternehmen wollte, daß die Brent Spar an Land entsorgt wird. Dann ging alles plötzlich sehr schnell.

Shell sah von der Versenkung ab, nachdem dem Konzern mit der Zwischenlagerung der Brent Spar in einem norwegischen Fjord ein Ausweg angeboten wurde. Diese Lösung sei die Folge mehrerer Ministergespräche gewesen, die auf Initiative Heeremas zustande gekommen seien.

Am 19. Juni entwickelten die Consulting-Leute mit Vertretern von Heerema und des niederländischen Wirtschaftsministeriums den Plan, den niederländischen Minister für Wirtschaft, Hans Wijers, mit seinem deutschen Amtskollegen Rexrodt Kontakt aufnehmen zu lassen. Die beiden sollten anschließend auch den norwegischen Energieminister Jens Stoltenberg gewinnen. Gemeinsam würden die drei Politiker sich an die britische Regierung und Shell UK wenden. Daß es am 19. und 20. Juni tatsächlich zu den Gesprächen kam, gibt auch das niederländische Wirtschaftsministerium zu. Am frühen Abend des 20. Juni konnte Shell zum Einlenken bewegt werden.

Ende 1994 hatte Heerema, die die Brent Spar gebaut hatte, Shell ein Angebot unterbreitet, die Ölplattform an Land abzuwracken. Allerdings würden dabei viermal so hohe Kosten entstehen wie bei der Meeresversenkung. Aber nur mit dem Bau und dem Installieren von Plattformen kann Heerema, die 2.000 Personen beschäftigt, seit Mitte der achtziger Jahre keine ausreichenden Umsätze mehr machen. Rund 75 Öl- und Gasplattformen in der Nordsee sollen in den nächsten zehn Jahren stillgelegt werden. Bei Heerema sind 2.000 Personen beschäftigt. Am Donnerstag nächster Woche will Shell UK in London bekanntgeben, mit welchen 22 Unternehmen der Fall Brent Spar bis Ende des Jahres besprochen wird. Daß die nun bekanntgewordene Lobbyarbeit Heeremas allerdings negativ bei Shell ankommt, davon sei wohl auszugehen, bedauert Heerema-Justitiar Erdbrink. Harald Neckelmann