SPD will Erhöhung des Kindergelds durchsetzen

■ Lafontaine: SPD-Länder im Bundesrat geschlossen für mehr Kindergeld. ÖTV will Kürzung der Lohnfortzahlung nicht hinnehmen und kündigt Proteste an

Berlin (AP/taz) – Die SPD will bei der Beratung des Sparpakets im Bundesrat geschlossen die Erhöhung des Kindergelds zum Anfang nächsten Jahres durchsetzen. „Die Front steht, das Kindergeld wird erhöht“, sagte Parteichef Lafontaine gestern nach Beratungen des Vorstands mit den SPD-Ministerpräsidenten. Diese Linie werde auch der christdemokratische thüringische Regierungschef Bernhard Vogel verstärken.

Mit Hinweis auf die Koalitionsregierungen in den Ländern mit SPD-Beteiligung räumte Lafontaine die Notwendigkeit ein, im Bundesrat Kompromisse zu schließen. Beim Kindergeld sei die Linie klar: „Eine Zustimmung zur Verschiebung ist nicht möglich“, betonte er. Auch der brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe habe in der Sitzung klargestellt, daß er sie mittrage. Der Potsdamer Regierungschef hatte zuvor gesagt, er halte den Aufschub der Kindergelderhöhung zugunsten von Arbeitsförderungsmaßnahmen für vertretbar.

Massive Proteste gegen die geplante zwanzigprozentige Kürzung des Lohns im Krankheitsfall kündigte der Chef der ÖTV, Herbert Mai, an. In einem Interview sagte er gestern, falls wirklich umgesetzt werden sollte, was der Bundestag vergangene Woche beschlossen habe, werde es „bitteren Widerstand“ geben. „Uns bleibt nichts weiter übrig, als diese Kampfansage anzunehmen“, sagte Mai. „Gegen die Kürzung werden wir alles einsetzen, was wir als Kampfmittel haben.“

Wann genau mit dem Protest der ÖTV zu rechnen ist, steht dahin. Bislang schützt der Manteltarifvertrag des öffentlichen Dienstes die Beschäftigten vor diesem Sparbeschluß der Bonner Regierung. Erst wenn die Arbeitgeber diesen Manteltarifvertrag kündigen, wirkt das neue Recht. In demselben Interview verwies Mai auf die schlechte Stimmung unter den ostdeutschen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Es sei eine deutlichere Annäherung an das Gehaltsniveau im Westen erwartet worden als lediglich die Steigerung von 84 auf 85 Prozent.

In den Reigen der Kritiker reihte sich auch Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) ein. Der niedersächsische Ministerpräsident riet seinen SPD-Kollegen im Vermittlungsausschuß des Bundestages, „hart“ über das beschlossene Sparpaket zu verhandeln. Für den 19. Juli, den Tag, an dem das Sparpaket dem Bundesrat zugeleitet wird, empfahl er ebenfalls, „Härte“ zu zeigen, um „die materiellen Lebensbedingungen und Rechte der arbeitenden Menschen zu verteidigen“. Maßstab in der Verteilungsdebatte müsse die Orientierung an den Beschäftigten sein.