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Noch einmal "gezielt graben"

■ Baubeginn für das neue Ausstellungszentrum "Topographie des Terrors" soll im Frühjahr 1997 sein. Archäologen untersuchen erneut das Gelände. Das Gebäude für 45 Millionen Mark wird 1999 fertig sein

Das Gelände der ehemaligen Gestapo-Zentrale am Gropius- Bau in Kreuzberg werden ab Mitte Juli Archäologen unter die Lupe nehmen. An dieser „offenen Wunde“ Berlins entsteht bis Ende 1998 das Dokumentations- und Begegnungszentrum „Topographie des Terrors“. Doch bevor mit dem Bau des 120 Meter langen „Gebäuderiegels“ des Schweizer Architekten Peter Zumthor begonnen wird, soll nochmals ein Blick unter die Oberfläche geworfen werden, sagt Andreas Nachama, Direktor der Stiftung „Topographie des Terrors“, die 1992 vom Senat gegründet wurde.

„Gezielt gegraben“ wurde schon einmal vor zehn Jahren. Dabei wurde ein Stück des Gefängnisbodens gefunden, auf dem die Spuren der aufgemauerten Zellenwände – für viele Gefangene Zwischenstation vor Konzentrationslagern oder Zuchthäusern – zu erkennen sind. Zudem kamen die Versorgungskeller der Gestapo zum Vorschein, die seither der Öffentlichkeit zugänglich sind und es mindenstens bis zum Frühjahr kommenden Jahres auch bleiben werden, so Nachama. Dann werde mit dem Rohbau begonnen.

Der Bau wird sich über die gesamte Länge des Geländes ziehen und die derzeitige Ausstellung miteinbeziehen. Nach dem Entwurf von Zumthor entsteht eine langgestreckte spartanische Ausstellungshalle. Einziges gestaltendes Element sind abwechselnd in gleicher Folge quer angeordnete, 26 Zentimeter breite Glas- und Betonstreifen. „Damit ist das dreigeschossige Gebäude im Gegensatz zu den einstigen Gestapo-Kellern vom Licht durchflutet“, erläutert Nachama. „Wir wollen transparent und für alle zugänglich sein.“ Außerdem lenke eine aufwendige Architektur zu sehr vom Inhalt ab.

Bis zum tatsächlichen Baubeginn müssen nach den Worten Nachamas noch die letzten Genehmigungen vor allem in Sachen Ökologie unter Dach und Fach gebracht werden. Die Wärme für das Gebäude soll aus der Erdschicht mit Sonden gewonnen werden. Der Bau selbst, für den bereits vor einem Jahr der erste Spatenstich gesetzt wurde, könne aufgrund seiner Schlichtheit dann relativ schnell hochgezogen werden.

Im Erdgeschoß des neuen Gebäudes wird die zur 750-Jahr-Feier der Stadt entstandene Dokumentation „Topographie des Terrors“ ihren ständigen Platz haben. Derzeit befindet sich die Exposition, die bereits mehr als 1,2 Millionen Menschen gesehen haben, noch in einem provisorischen Flachbau an der Niederkirchner Straße. Im zweiten Obergeschoß ist eine öffentliche Bibliothek und ein Vortragssaal vorgesehen. Ganz oben werden die Büros der Stiftung liegen. Die 45 Millionen Mark teure Ausstellungshalle wird jeweils zur Hälfte vom Bund und vom Land Berlin finanziert.

Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Reste der zerstörten Gestapo-Zentrale auf dem Gelände abgerissen worden. Marion Schierz/ADN

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