Sieg der Vernunft über die Gewalt

Die erste Kommunalwahl in Südafrikas Unruheprovinz KwaZulu/Natal lief nicht nur friedlich ab – sie bescherte der Zulu-Bewegung Inkatha von Chief Buthelezi auch Stimmenverluste  ■ Von Bartholomäus Grill

Johannesburg (taz) – Die südafrikanische „Inkatha-Freiheitspartei“ (IFP) ist aus den Kommunalwahlen in der Provinz KwaZulu/Natal als stärkste Kraft hervorgegangen – und hat unter dem Strich dennoch verloren. In Zahlen ausgedrückt: Gegenüber den ersten freien Wahlen im April 1994, wo Inkatha in Südafrikas bevölkerungsreichster Provinz noch die absolute Mehrheit errang, hat sie diesmal 5,8 Prozent eingebüßt und muß sich mit 44,5 Prozent begnügen. Die Truppe des noch immer als Innenminister im südafrikanischen Kabinett amtierenden Mangosuthu Buthelezi, die sich gerne als einzige schwarze Gegenkraft in Südafrika zum zentralistischen Afrikanischen Nationalkongreß (ANC) aufwirft, ist also auf dem Weg zu einer auf nationaler Ebene zweitrangigen Provinzpartei. Zudem gingen diesmal nur noch 44 Prozent der 3,5 Millionen registrierten Wahlberechtigten von KwaZulu/Natal überhaupt an die Urnen. Die Mehrheit entschied sich gegen Inkatha, deren Vokabular aus dem Kalten Krieg – der ANC wird bevorzugt als „marxistischer Dinosaurier“ gebrandmarkt – antiquiert wirkt.

Früher konnte sich die IFP noch als Sammelbecken der in weißen Augen „guten“, weil gemäßigten Schwarzen darstellen und als Alternative zum linksradikalen ANC sogar Zuspruch bei weißen Wählern erheischen. Jetzt sind die Weißen in den Mutterschoß der guten alten Nationalen Partei, Erfinderin der Apartheid, zurückgekehrt: Die NP konnte in KwaZulu/Natal ihr Ergebnis im Vergleich zu 1994 um 1,5 Prozentpunkte auf 12,7 Prozent verbessern. Die empfindlichsten Einbußen mußte die IFP in den urbanen Zentren hinnehmen. Dort konnte der ANC seinerseits kräftig zulegen und sein Gesamtergebnis leicht um einen Prozentpunkt auf 33,3 Prozent verbessern.

Das Land wählt Inkatha, die Städte ANC

In den größeren Städten wird Inkatha als rückständige, sektiererische Bewegung wahrgenommen. Ihre Gegner verlachen sie als „Bauernpartei“. Die Fakten unterfüttern den Spott: Die IFP, gestützt auf die Macht traditioneller Zulu- Häuptlinge, gewann in allen ländlichen Bezirken. Im Hinterland verfängt ihre tribalistisch eingefärbte Propaganda noch: „Wahre Zulus wählen IFP!“ Wo Inkatha regiert, sind Macht und Pfründen der Chiefs gesichert. Sie wollen die alte Ordnung zementieren, wehren sich gegen jede Modernisierung und stützen sich dabei auf einen Vertrag, den ihnen das untergehende Burenregime 1994 noch schnell geschenkt hatte: Der „Ingonyama Trust Act“ entzieht „ihr“ kommunales Land dem Wiederaufbauprogramm der Regierung Mandela. Folge: Bislang wurden nur in ANC-dominierten Sprengeln bescheidene soziale Fortschritte erzielt.

KwaZulu/Natal bleibt also Hochburg der IPF – in Frage steht aber, ob sie langfristig überleben kann. Bei den Kommunalwahlen hat sie ihren Ruf als partikularistische „Homeland-Partei“ bestätigt. Hinter den Fassaden ihrer föderalistischen Mission geht es ihr zuvörderst um die blanke Macht; die Extremisten in ihren Reihen drohen sogar mit einer Sezession von der Republik Südafrika. Ohne ihre Minister in der nationalen Regierung wäre die IFP längst zu bundespolitischer Bedeutungslosigkeit herabgesunken. Das Wahlergebnis zwingt Inkatha in den Städten zudem zu vermehrter Zusammenarbeit mit dem Erzfeind ANC.

Das schönste Ergebnis der aus Sicherheitsgründen zweimal verschobenen Kommunalwahlen: Die Vernunft hat über die Gewalt gesiegt. Im Wahlkampf waren 14 Kandidaten ermordet worden – seit 1984 kamen allein in KwaZulu/ Natal 14.000 Menschen durch politische Terrorakte um. Gesichert von 30.000 Polizisten und Soldaten, verlief der Urnengang selber aber so friedlich und gelassen wie in einer ganz normalen Demokratie. Geduldig standen die Anhänger der verfeindeten Parteien zusammen in langen Warteschlangen, und nur vor einem Wahllokal gingen sie aufeinander los – mit Fäusten. Es sollte der einzige nennenswerte Zwischenfall bleiben.