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■ Israel: Netanjahu nimmt Hardliner Scharon mit ins BootDie Rettung hieß Oslo

Vorgestern forderte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu die „Rückkehr zum Rahmen der Madrider Friedenskonferenz“. Als sich im Herbst 1991 in der spanischen Hauptstadt Israelis und Araber zum Auftakt des Nahostfriedensprozesses gegenübersaßen, war Ariel Scharon Bauminister. Gestern berief Netanjahu den Hardliner als „Minister für Infrastruktur“ in sein Kabinett – ein schlechtes Omen.

Die neue israelische Regierung signalisiert Verhandlungsbereitschaft und macht zugleich klar, daß es nichts zu verhandeln gibt. Niemand demonstriert das besser als Ariel Scharon. Das Bauministerium verstand er als Siedlungsministerium. Während in Madrid und den Folgeverhandlungen der damalige Ministerpräsident Jitzhak Schamir und die Palästinenser um eine Konfliktlösung feilschten, schafften Scharons Bagger Tatsachen aus Beton. Seine jetzige Arbeitsplatzbeschreibung (unter anderem ist er zuständig für „ländliche Siedlungen“ und Straßen im Westjordanland) läßt erahnen, daß er sein neues Amt ebenfalls als Häuslebauer versehen wird. Schamir erklärte übrigens nach seinem Abgang in einer ehrlichen Minute, er habe die damaligen Verhandlungen nur geführt, um die Araber hinzuhalten. Äußerungen Netanjahus lassen Ähnliches befürchten: Er will weder einen unabhängigen palästinensischen Staat noch eine Rückgabe des Golan an Syrien, noch eine Teilung Jerusalems. Worüber soll also im „Rahmen der Madrider Friedenskonferenz“ noch verhandelt werden?

Wenige Monate nach der Madrider Auftaktkonferenz galt der Nahostfriedensprozeß als klinisch tot. Um seine Beerdigung zu vermeiden, trafen sich über Wochen Palästinenser und Israelis bei Oslo. Die Geheimgespräche bewegten sich ausdrücklich außerhalb des „Madrider Rahmens“. Statt über Vorbedingungen für Verhandlungen zu diskutieren, lautete die Vorgabe: Es kann über alles gesprochen werden. Scharon saß damals schmollend auf seiner Ranch in der Negev-Wüste. Im September 1993 wurde das Ergebnis in Washington unterzeichnet: Das Oslo-I-Abkommen über eine palästinensische Autonomie galt als Rettung für den Nahostfriedensprozeß. Die Nennung dieser Vereinbarung vermeidet Netanjahu peinlich genau. Thomas Dreger

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