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: „Antje“ ruft „Antje“

„Allein im Doppelbett“, Donnerstag, 22.45 Uhr, ZDF

„Unsere Gesellschaft verändert sich“, meint die Fernsehautorin Susanne Reumschüssel und präzisiert: „Das alte Ich wird baufällig.“ Daran besteht kein Zweifel. Wir sehen Baustellen, Kräne und einstürzende Altbauten. Wider Erwarten erscheint Norbert Blüm nicht im Bild.

Eine Off-Sprecherin, die daherplaudert, als gäbe es keine Bosheit auf dieser Welt, stellt uns vier Menschen vor, die es geschafft haben, ihr bisheriges Leben bis ins Detail daraufhin abzustimmen, in diesem Film als tadellose Beispiele fürs Singledasein durchzugehen.

Antje (28), Carla (59), Hanno (31) und Frank (35) haben eine so intensive Beziehung zum Fernsehen wie das Bild zum Spiegelbild. Ein Geschlechtspartner würde da nur stören. Früher wäre man mit der Kamera losgezogen und hätte die Singles im Alltag beobachtet. Heute leben die Objekte der Beobachtung ihren Alltag für die Kamera. Das ist nicht nur billiger. Es hat auch den Vorteil, daß keine Fragen und Unklarheiten entstehen. Die virtuellen Figuren sind so kompakt wie in einem Spot der Werbeagentur Springer&Jacobi.

Antje stampft mit den Füßen auf und ruft: „Antje“ (Gesangstherapie). Der Programmierer Hanno taucht in die „logische Welt“ des Computers ein, tanzt zu Tekkno und sucht sein Heil in der Esoterik. Die reiche Reinemachefrau Carla läßt ihr Geld in widerlichen Neppbars und für ihren BMW. Und Frank firmiert unter dem Restposten Ossi-Öko- Hanfblatt. Die Sprecherin setzt die vier ins rechte Licht, sie tragen das „Glanzlicht des Paares“ mit sich herum.

Ohne erkennbaren Zwang haben die Menschen vor der Kamera ihr Leben als Aneinanderreihung von Klischees gestaltet. In den Gesprächen ruft die Filmemacherin aufgeräumte Antworten ohne Ecken und Kanten ab. Die Anstrenung der vier Porträtierten, ihr Leben so zurechtzubauen, daß es im Fernsehen verständlich wird, ist ihnen faszinierenderweise nirgends anzusehen. Der Charakter der Inszenierung ist nur indirekt ablesbar.

„Das alte Ich ist baufällig“, und wo Antje und Hanno mit dem Umbau nicht fertig wurden, sehen wir, genau, Baustellen. Überprüfen läßt sich das nicht, denn das Betreten der Baustelle ist bekanntlich verboten. Fazit: Lieber allein gegen die Mafia als „Allein im Doppelbett“. Manfred Riepe