Rinderwahn kommt illegal

Exportverbot für britisches Rindfleisch wird unterlaufen. EU-Exporterlaubnis für Gelatine, Talg und Sperma soll gestoppt werden  ■ Aus Dublin Ralf Sotscheck

Das Exportverbot für Rindfleisch aus Großbritannien wird umgangen. Über Schottland und Irland gelangt das Fleisch nach Frankreich, von wo es mit gefälschten Gesundheitszeugnissen weiter nach Italien ausgeführt wird. Das behauptet jedenfalls der Staatssekretär im hessischen Ministerium für Frauen, Arbeit und Sozialordnung, Dietmar Glaßer (SPD). Er fuhr schwere Geschütze gegen die Kontrollstellen der EU und Großbritanniens auf.

„Sollten sich die Verdachtsmomente bewahrheiten, wäre dies ein weiterer schwerer Schlag gegen das Vertrauen und den Gesundheitsschutz der Verbraucherinnen und Verbraucher“, sagte Glaßer am Donnerstag abend. Woher er seine Informationen bezogen hatte, gab Glaßer nicht bekannt. Er betonte jedoch, daß es sich nicht um Einzelfälle handeln soll. Glaßer verlangt von der EU-Kommission, der Sache schleunigst auf den Grund zu gehen und nötigenfalls die Exporterlaubnis für Gelatine, Talg und Bullensperma rückgängig zu machen.

Französische Untersuchungen, die gestern veröffentlicht wurden, haben ergeben, daß ein in Großbritannien geborener Makaken-Affe in Montpellier an einer Krankheit gestorben ist, die starke Ähnlichkeit mit dem neuen Typ des beim Menschen auftretenden Creutzfeldt-Jakob-Syndroms (CJS) hat. Bisher sind daran rund 20 Menschen gestorben. Der erste Fall wurde 1993 diagnostiziert. Seitdem hat sich die Zahl der Fälle jedes Jahr verdoppelt. Im Gegensatz zum bis dahin bekannten CJS-Typ ist die Inkubationszeit kürzer, der Krankheitsverlauf jedoch länger. Das durchschnittliche Todesalter liegt bei nur 27 Jahren, während es bei dem alten Typ bei 63 Jahren lag.

Französische Wissenschaftler sind davon überzeugt, daß der Affe durch Fleischmehl infiziert wurde, das den Erreger enthielt. Das Tier kam 1982 im Zoo des englischen Ramsgate zur Welt. Als der Zoo vier Jahre später dichtmachte, verkaufte man den Makaken nach Montpellier. 1990 wurde er lethargisch und sonderte sich von den anderen Affen ab, kurz darauf starb er. Erst jetzt haben Wissenschaftler das Hirn auf CJS untersucht, weil die Krankheit bisher bei dieser Affenart nicht aufgetreten war. Französische Mikrobiologen hatten in Laborversuchen im vorigen Monat jedoch nachgewiesen, daß Makaken durch Injektion von BSE-Gewebe ins Hirn infiziert werden können. Der Beratungsausschuß der britischen Regierung sagte, der Fall aus Montpellier sei ein weiteres Indiz für eine Verbindung zwischen Rinderwahn und Creutzfeldt-Jakob-Krankheit. „Es wird immer wahrscheinlicher“, sagte ein Sprecher.