Klimakrach auf Hallig Hooge

Die Hallig-BewohnerInnen kämpfen gegen den Untergang – doch der Bürgermeister spielt nicht mit  ■ Von Jutta Nachtigäller und Marco Carini

Die BewohnerInnen von Hallig Hooge, 122 an der Zahl, sind gespalten. Die einen sind strikt für, die anderen genauso strikt gegen ein geplantes Windrad auf der 550 Hektar großen „Königin der Halligen“. Nur die CDU, die hat sich im Hooger Gemeinderat enthalten. Schließlich will man ja nicht auf einen Schlag die Hälfte der wahlberechtigten HoogerInnen verprellen.

Um den Elektroinstallateur Lambert Baudewig scharen sich die WindkraftbefürworterInnen, die sich zu einer „Bürgerbewegung für Schadstoffemissionsreduzierung durch Windkraft“ zusammengeschlossen haben. Sie wollen eine dreißig Meter hohe „Bürgermühle“ auf der Hallig ansiedeln, deren Rotoren mit einem Durchmesser von 33 Metern das neue Wahrzeichen von Hooge werden könnten.

Für ihre windige Idee haben Baudewig & Co gute Gründe: Schließlich sind die HalligbewohnerInnen die ersten, die vom klimakatastrophalen Anstieg des Meeresspiegels betroffen wären. Im Durchschnitt schaut Hallig Hooge nur 80 cm über Normal-Null hervor. Damit ist sie eine der tiefliegendsten Landflächen der Welt. Sie liegt gar tiefer als die Malediven, die in der internationalen Klimadebatte häufig als Paradebeispiel dafür angeführt werden, daß drohende Überschwemmungen weite Landflächen vernichten könnten.

Ein Windrad mit einer Spitzenleistung von 330 Kilowatt, das den CO2-Ausstoß um rund 500.000 Kilogramm pro Jahr verringern könnte, verstehen die WindkraftbefürworterInnen deshalb als Hilfe zur Selbsthilfe. Auf daß es wie gewohnt auch in Zukunft nur ein paar Tage pro Jahr „Landunter“ heißt – und nicht für immer.

Nach Baudewigs Berechnungen hätte sich die Anlage bereits nach gut sechs Jahren amortisiert. Denn bei den hohen und nahezu gleichmäßigen Windgeschwindigkeiten von stürmischen sieben Metern pro Sekunde würde die Mühle auf der Hallig doppelt so viel „Windernte“ einfahren wie an einem Küstenstandort.

Doch die Windfans haben ihre Rechnung ohne den Bürgermeister der Hallig gemacht. Der heißt Otto Del Missier, ist aufrechter Sozialdemokrat und entschiedener Gegner jedes Windspargels, der die „Landschaft verschandeln“ würde. Seine vier in den Gemeinderat gewählten Parteigenossen weiß der Bürgermeister im Windkonflikt geschlossen hinter sich – auch wenn er der Geschlossenheit ab und zu mal mit erschütternden Rücktrittsdrohungen nachhelfen muß. Denn Del Missier hat frühzeitig klargestellt: Die Windkraftanlage oder ich - für beide zusammen ist keinesfalls Platz auf der Hallig.

Auch wenn das bürgermeisterliche Veto den Windriesen erstmal auf Eis gelegt hat – die Hooger BürgerInnen planen weiter an einem alternativen Energiekonzept. Notfalls soll auf jedem Dach eine kleine 1-Kilowatt-Windturbine oder eine von Greenpeace konzipierte Photovoltaik-Anlage installiert werden. Damit sich Hallig Hooge in ein paar Jahren nicht nur unter der Rubrik „Tauchsportgebiet“ in den Ferienkatalogen wiederfindet.