Regenwald zu Sperrholz verarbeitet

■ Die deutsche Firma Glunz plündert Gabuns Urwald und will dafür ein Ökolabel. Präsident Bongo hackt eifrig mit

Münster (taz) – Heute wird in Bonn der rote Teppich für Omar Bongo ausgerollt. Seit fast 30 Jahren ist er Staatspräsident von Gabun. Die Exzellenz aus dem westafrikanischen Land muß nicht fürchten, auf die Inhaftierung von Oppositionellen angesprochen zu wird. Statt dessen werden Politiker und Industriegrößen brav über Handelsfragen palavern. Einen Punkt werden sie dabei allerdings aussparen: Bongos Wirtschaftspolitik opfert ohne Not eines der letzten noch unberührten Regenwaldgebiete in Afrika. Das Land, so groß wie die alte Bundesrepublik und zu etwa 85 Prozent mit Tropenwäldern bedeckt, wird von nur 1,2 Millionen Menschen bewohnt. Obwohl also kein Druck durch Überbevölkerung besteht, hat Bongo große Teile des Regenwaldes zur Plünderung freigegeben. Davon profitieren sowohl eine kleine, einheimische Elite als auch internationale Konzerne – darunter die deutsche Glunz AG aus dem westfälischen Hamm.

Glunz besitzt ausgerechnet im Lope-Naturreservat eine Einschlagkonzession und will dort die Baumart „Okoume“ zur Herstellung von Sperrholz ernten. Das Lope-Reservat ist Lebensraum einer einzigartigen Flora und Fauna. Trotzdem will Glunz sein Lope- Tropenholz in Zukunft mit einem grünen Label verkaufen. Aussteller des Ökosiegels soll das „Forest Stewardship Council“ sein, eine auch vom WWF unterstützte unabhängige Organisation mit dem Status, international anerkannte Standards für verantwortungsvolles Waldmanagement zu vergeben. Um das Label zu erhalten, hat die französische Glunz-Tochter „Isoroy“ eine „Öko-Charta“ erstellt. Danach entscheidet bei strittigen Umweltfragen eine Kommission, die je zur Hälfte mit Einheimischen und Vertretern des Holzunternehmens besetzt ist. Pech nur, wenn sich die Versammlung nicht einigen kann: Dann gilt die Stimme des Firmenchefs.

Dafür verpflichtet sich „Isoroy“, nicht mehr als drei Okoume- Bäume pro Hektar zu ernten und keine Stämme zu schlagen, deren Durchmesser weniger als 70 Zentimeter mißt. „Das steht auch in den Gesetzen von Gabun“, berichtet der Hamburger „Regenwald Report“ und kommentiert: „Danke, ehrenwerter Herr Glunz, daß sie jetzt die Gesetze sogar einhalten wollen.“ Warum allerdings die Glunz AG, laut Eigenwerbung ein „führender Anbieter von Holzwerkstoffen in Europa“, überhaupt in einem geschützten Naturreservat sägen darf, kann auch der hauseigene Pressesprecher nur vage erklären. Wolfgang Wurtscheid: „In Afrika ist manches anders als bei uns.“

Was genau anders ist, hat sich Jonathan Pearce von der World Society for the Protection auf Animals im vergangenen April in Gabun angeschaut. Unter anderem prüfte er die bisherigen Glunz/Isoroy-Konzessionen und stieß auf zwei interessante Untersuchungen. Diese bestätigen, daß schon beim Einschlag von 1,5 bis zwei Bäumen pro Hektar zwischen 20 und 30 Prozent der Fläche beschädigt und 14 Prozent des Kronendaches lichtdurchlässig wurden. Zudem habe die Walderschließung zu einer illegalen Jagd auf geschützte Tierarten geführt.

Schon im nächsten August oder September soll die Glunz AG das erhoffte Ökolabel vom „Forest Stewardship Council“ erhalten. Reinhard Behrend vom Hamburger Verein „Rettet den Regenwald“ nennt das Siegel „eine Farce“. Ein grünes Zertifikat diskreditiere sich selbst, wenn es auf Baumstämme geklebt wird, deren Ernte eindeutig den Regenwald in einem geschützten Gebiet zerstört. „Und Präsident Bongo stimmt zu, obwohl er selbst das Lope-Reservat 1971 unter Schutz gestellt hat“, so Behrend.

Kenner des afrikanischen Landes wundert das wenig. Regenwaldvernichtung hat unter Bongos Herrschaft eine lange Tradition. Ende der 70er Jahre wurde in Gabun für rund sechs Milliarden Mark die bis dahin teuerste Eisenbahnstrecke der Welt fertiggestellt. Eine 650 Kilometer lange Schneise mußte in den Wald geschlagen werden. Selbst die damals noch stark zu größenwahnsinnigen Projekten neigende Weltbank hatte den Bau als unrentabel verworfen und keine Unterstützung gegeben. Bongo ließ die Trasse trotzdem anlegen: Schließlich verbindet die Eisenbahnlinie die Hauptstadtregion mit Franceville, dem Geburtsort des Präsidenten. Werner Paczian