Haushalt für Maastricht

■ Die Bonner Koalition spart ohne Plan und ohne Ziel

Von Haushaltskonsolidierung reden und zugleich den Schuldenberg vergrößern – so sieht Theo Waigels Finanzpolitik aus. Um 2,5 Prozent sollen nächstes Jahr die Ausgaben des Bundes gegenüber dem für 1996 geplanten Wert sinken. Sparen müssen vor allem der Verteidigungs-, der Wirtschafts- und der Verkehrsminister. Aber die vorgesehene Nettokreditaufnahme wird mit 56,5 Milliarden Mark deutlich über dem ursprünglichen Plan liegen.

Mit einer Neuverschuldung in dieser Höhe kriegt Waigel zumindest auf dem Papier wohl gerade noch die Kurve nach Maastricht. Das klappt allerdings nur, wenn die Wirtschaft wirklich nächstes Jahr um mindestens 2,5 Prozent wächst. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß mit dem Haushaltsplan nur ein einziges Ziel verfolgt wird: die zum Eintritt in die Währungsunion maximal erlaubten Schuldenlimits einzuhalten. Das ist eine klare Absage an jegliche aktiv gestaltende Politik, die etwa den Abbau der horrenden Arbeitslosigkeit zum Ziel hätte.

Steuermindereinnahmen (30 Milliarden Mark) und höhere Ausgaben wegen der Arbeitslosigkeit (15 Milliarden) werden in den 97er Haushalt von vornherein eingeplant. Damit räumt die Regierung stillschweigend ein, daß die Konjunkturkrise und die Massenarbeitslosigkeit die wesentlichen Gründe für das Haushaltsloch sind. Aber diese Einsicht führt noch lange nicht zu entsprechenden politischen Reaktionen. Statt aktiver Beschäftigungspolitik fällt der Koalition nur ein ziel- und planloses Sparen bei den sozial Schwachen ein. Wer in dieser haushalts- und arbeitsmarktpolitischen Situation ernsthaft ausgerechnet die Unternehmen von Steuern entlasten will, handelt fahrlässig.

Die geplanten Einsparungen bei den Sozialkosten, dem größten Einzeletat, fallen dabei im Bundeshaushalt mit etwa zwei Milliarden Mark geringer aus, als viele befürchtet haben dürften. Das liegt aber nur daran, daß ein Großteil der Ausgaben gesetzlich garantiert und daher keine Manövriermasse ist. Noch viel weniger ansetzen kann Waigel an dem zweitgrößten Etatposten, dem Schuldendienst. Insofern bleibt der Regierung das Sparen tatsächlich nicht erspart, will sie der Schuldenfalle entkommen. Blindes Sparen bei den Schwächsten ist jedoch kein Ersatz für Finanzpolitik. Nicola Liebert