Sechs Prozent Eichhörnchen

Letzte Woche fiel mir die Juli- Ausgabe des Internet- und Zeitgeistmagazins pl@net in die Finger. Im Editorial, gleich in der ersten Zeile, lese ich, daß ich zu 94 Prozent ein Mann bin. Völlig erschrocken und verstört begebe ich mich unverzüglich auf die Suche nach den restlichen 6 Prozent. Meinen die etwa die weibliche Ader in mir, die paar Hormone, die angeblich jeder Mann haben soll? Nein, das kann nicht sein. Oder den wenig attraktiven Hang zum Bierbauch? Kann eigentlich auch nicht sein, so etwas gehört zur Standardausstattung eines deutschen Mannes, wenngleich ich meiner Umwelt Shorts, Sandalen und weiße Söckchen erspare. Was aber ist dann der geheimnisvolle Rest?

Ich hab's! Sie meinen das Eichhörnchen, das in uns allen steckt und das uns das geballte Wissen um die Dinge sammeln und bunkern läßt. Einiges davon ist längst verschimmelt, aber das macht nichts. An jeder Ecke, an jedem Kiosk, in jedem Buchladen und auf jeder Homepage lauern neuere, buntere und wichtigere Informationen darauf, von unseren Gehirnen aufgesogen oder doch zumindest gekauft zu werden. Und wir kaufen – aus Angst, irgend etwas zu verpassen oder den Anschluß zu verlieren. Dabei ist in unseren Köpfen längst kein Platz mehr für all das Zeug – vom

Fernsehen will ich gar nicht reden, das ist leicht verdaulich und hat, mit dem Internet verglichen, keinerlei Informationsgehalt.

Das andere Extrem sind die sogenannten Fachzeitschriften, wobei man neuerdings auf den feinen Unterschied zwischen einem Computer- und einem Internetmagazin achten muß. Und bei letzteren gilt es noch zwischen den eher technischen und den zeitgeistigen zu unterscheiden. Wer soll da noch durchblicken? Ach, wie schön waren doch die Zeiten, als mir radebrechende Taiwaner in einer dünnen Anleitung die Bedienung meines PCs beibringen konnten („Insertieren Sie die Stiefeldiskette und drücken Sie Wiederkehr.“) Heute muß ich mich zuerst mit der Syntax auseinandersetzen, bevor ich irgend etwas verstehe. Und die Sprache des Internet ist eine andere als die Computersprache, da hat's das Eichhörnchen nicht leicht.

Glücklicherweise gibt es eine eichhörnchenfreundliche Erfindung namens Software, die mir einen Teil der Arbeit abnimmt. Sie kommt auf silbrigen Scheiben daher oder von fernen Servern. Aber leider ist die niemals perfekt – und so holt sich das fleißige Eichhörnchen noch eine Scheibe, die vielleicht besser ist, und dann noch eine. Und es kauft sich noch ein Heft, und noch eins. Jaja, von uns Eichhörnchen lebt ein ganzer Industriezweig ...