Traum-Sturm und Tor(wart) des Jahres

■ Der Hamburger Sport-Verein hofft wieder, St. Pauli immer noch Von Rainer Schäfer

Auf dem Heimflug von der Kanareninsel Fuerteventura befand er sich, als ihm am Montag eine eher zweifelhafte Ehrung zuteil wurde. Die LeserInnen der Bild-“Zeitung“ ernannten HSV-Keeper Uli Stein zu Hamburgs Fußball-Profi des Jahres 1994. Mit 39,1 Prozent der Stimmen rangiert der 40jährige vor St. Paulis Dynamiker Bernd Hollerbach (33 Prozent). Warum eigentlich, läßt sich fragen? Weil der vormalige Heißsporn Stein mittlerweile auch über eine gewisse menschliche Reife verfügt? Zugegeben, gut gehalten hat er auch. Aber fußballerisch hatte „Holler“ ganz klar die Nase vorn: Für die taz ist und bleibt Bernd Hollerbach Hamburgs Fußballer 1994.

Auch die Abstimmung zum Fußball-Profi des Jahres 1995 dürfte Stein schon jetzt sicher sein. Volksnah outete der Uli, daß er lediglich 540.000 Mark brutto im Jahr verdiene und nicht – wie bisher vermutet – eine runde Million. Bei so viel Offenherzigkeit dürften sportliche Kriterien bei den Bild-LeserInnen erneut in den Hintergrund treten. Denn daß bei der Wahl des beliebtesten Balltreters nicht vorrangig sportliche Kriterien ausschlaggebend sind, offenbart der fünfte Platz in der Hit-Liste: HSV-Stürmer Valdas Ivanauskas. Immerhin 2,4 Prozent der Leserschaft ehrten ihn dafür, daß er nicht ein einziges Mal in den Kasten traf.

Um seiner eklatanten Abschluß-Schwäche Abhilfe zu verschaffen, hat sich der HSV in der Winterpause gleich mit zwei Stürmern verstärkt: Nach Japan-Heimkehrer Frank „Otze“ Ordenewitz wurde der sechsfache schwedische National-Stürmer Niklas Kindvall vom IFK Norrköping verpflichtet. Der 27jährige Mittelstürmer war in der abgelaufenen Saison Torschützenkönig in Schweden und soll zweieinhalb Jahre für Hamburg treffen. Trainer Benno Möhlmann vergleicht den wendigen Kindvall mit dessen Landsmann Henrik Larsson (Feyenoord Rotterdam), der Werder Bremen im Europa-Cup schwindelig spielte. „Ich habe zwei Leute besorgt, die uns helfen können, unser Ziel doch noch zu erreichen“, frohlockte Möhlmann in neugeschürter Hoffnung auf einen UEFA-Cup-Platz.

Wasa-Bomber Kindvall ist nach den Bulgaren Yordan Letchkov und Petr Houbtchev, dem Litauer Valdas Ivanauskas und dem dänischen Dauer-Reservisten Stig Töfting der fünfte Ausländer beim HSV. Von denen dürfen jeweils nur drei spielen. Schlechte Aussichten für „Ivan, den Schrecklichen“, der schon so lange keinen gegnerischen Torhüter mehr schreckte: Der neue HSV-Angriff dürfte Kindvall/Ordenewitz heißen.

Gute Laune auch beim Zweitligisten FC St. Pauli. Präsident Heinz Weisener hat sich von seiner Operation erholt und die Amtsgeschäfte wieder aufgenommen. Die von Weisener befürwortete Vertragsverlängerung mit Coach Uli Maslo soll nur noch Formsache sein. Die Präsidenten-Genesung wird auch die Fans folkloristisch-populistischer Veranstaltungen freuen: Die bekannt stimmungsvolle Jahreshauptversammlung soll demnächst nachgeholt werden.