„Das ist ein total liebes Tier“

■ Kampfhund killt Katze: 400 Mark Schadensersatz, 200 Mark Geldstrafe und ein Richter am Rande des Nervenzusammenbruchs

Eigentlich ging es um eine Bagatelle: 200 Mark Ordnungsgeld sollte Marko K. zahlen, weil ein Kampfhund unter seiner Aufsicht eine Katze totgebissen hatte. Weil aber dem 26jährigen das mögliche Nebeneinander von straf- und zivilrechtlichen Sanktionen überhaupt nicht einsichtig war, wird das Widerspruchsverfahren gegen den Bußgeldbescheid auch dem Amtsrichter Hans-Joachim Gerboth lange im Gedächtnis bleiben.

Dabei schien die Sachlage eindeutig: Der arbeitslose Schlosser hatte den von ihm beaufsichtigten Kampfhund Max am 15.7.1995 unangeleint vor der Haustür zurückgelassen. Max packte die Gelegenheit am Schopfe und erlegte vor Zeugen im Gebüsch die nachbarliche Perserkatze. Im Amtsdeutsch: K. verletzte fahrlässig seine Halterpflichten, und deshalb sollte neben den 400 Mark Schadenersatz für die Katzenhalterin also auch ein Ordnungsgeld fällig sein.

Doppelt aber wollte K. nicht für eine Verfehlung zahlen. Mit Engelszungen versuchte der Amtsrichter dem aufbrausenden Hundehalter die Zweigleisigkeit des gesetzlichen Sanktionskataloges nahezubringen – vergebens. K. fühlte sich verraten und verkauft: „Mir gehört der Hund nicht mal. Ich hab bloß auf ihn aufgepaßt.“

Tatsächlich hatte ein Freund K. gebeten, sich während einer Haftstrafe im letzten Sommer um seinen amerikanischen Stefford-Terrier Max zu kümmern. Als diese Tatsache in den Augen des Richters nichts an K.s Verantwortung änderte, konterte das Teilzeit-Herrchen biologisch: „Das ist ein total liebes Tier. Aber der Jagdinstinkt, der ist in so einem Tier drin. Den kann man nicht mehr rausnehmen.“ Und überhaupt: Am Katzenmassaker war eigentlich die Katze schuld. „Ich frag' mich mal, was hat denn so eine Perserkatze auf der Straße zu suchen? Das ist doch ein Haustier.“ Auf die richterliche Frage, was denn dann ein Hund sei, konterte der Beschuldigte souverän: „Ein Hund ist ein Hund.“

Amtsrichter Gerboth mochte zwar noch entschuldigend die „typische Hundehaltermentalität, daß immer die Gebissenen schuld sind“, auszumachen. Als das kaugummikauende Teilzeit-Herrchen dann aber mit Zwischenrufen aus der Zeugenbefragung eine Zeugenbeschimpfung machte, war die richterliche Geduld am Ende: „Sie wissen, daß ich mich auch in einem Widerspruchsverfahren nicht an das Strafmaß halten muß und es gegebenenfalls auch erhöhen kann?“

K. ignorierte den Wink mit dem Zaunpfahl, weigerte sich standhaft, seinen Widerspruch zurückzunehmen und der Posse damit ein leichtes Ende zu bereiten. Statt dessen ging er dazu über, fernsehgerecht „Einspruch“ zu schmettern und so den richterlichen Blutdruck in die Höhe zu treiben. Doch gerade als es schien, als sei der Amtsrichter mit seinem Latein endgültig am Ende, reagierte Richter Gerboth souverän. Zehn Minuten Unterbrechung der Verhandlung brachten den richterlichen Blutdruck wieder runter.

Danach bestätigte Gerboth das Ordnungsgeld in seiner Höhe, verkniff sich aber, für den erhöhten Blutdruck ein paar Taler draufzuschlagen. Schließlich kommen auf den in Fragen der Strafprozeßordnung offensichtlich unbeschlagenen K. ja immer noch die Prozeßkosten zu. L.R.