Tandem Schmidt/Schmid künftig nur noch Einrad

■ Der Vizelandeschef der bayerischen SPD muß seine Karriere beenden

Nürnberg (taz) – Als „einzigartig beschissen“ hat der stellvertretende Landesvorsitzende Albert Schmid in der letzten Woche öffentlich die Situation der bayerischen SPD bezeichnet. Damit hat er sich selbst in eine Lage gebracht, auf die diese Charakterisierung tatsächlich zutrifft. Wegen dieser drastischen Formulierung hat am Wochenende das Präsidium den Rücktritt des Regensburger Rechtsanwaltes gefordert. Auf der heutigen Fraktionssitzung soll Tacheles über die Person Schmid geredet werden. Das Ende einer Politikerkarriere ist damit eingeläutet.

Auslöser des Streits war die Wahl des Landtagsabgeordneten Herbert Franz zum finanzpolitischen Sprecher der Landtagsfraktion – ein Amt, für das sich Schmid als ehemaliger Staatssekretär im Bundesfinanzministerium prädestiniert hielt. Doch Schmid unterlag in einer Kampfabstimmung. Gekränkt wandte er sich an die Öffentlichkeit. Man habe doch nur verhindern wollen, daß er eine „neue Plattform“ bekomme, schimpfte er. Schmid nannte die Situation der Partei „beschissen“ und kritisierte die „Leichtmatrosen“ in der Fraktionsführung. Diese Verbalattacke zielte auf die Landeschefin und Fraktionsvorsitzende Renate Schmidt ab. Eine neuerliche Runde im Schmid(t)einander war eingeläutet.

Erst im September letzten Jahres hatten die Querelen zwischen Schmid und Schmidt dem Regensburger das Amt des Generalsekretärs der bayerischen SPD sowie den Posten eines geschäftsführenden Fraktionsvorsitzenden gekostet. Dieses Amt war eigens für ihn geschaffen worden.

Nachdem sie 1994 in die Landespolitik gewechselt war, hatte die „rote Renate“ eigentlich vor, als Doppelspitze „Schmidt/ Schmid“ die Regierung Edmund Stoibers „vor sich herzujagen“. Doch die Tandemlösung erwies sich schnell als kontraproduktiv. Zu oft kamen sich Renate Schmidt und ihr Generalsekretär Schmid in die Quere. Entgegen allen Absprachen plädierte Schmid solange für einen zukünftigen SPD-Kanzlerkandidaten Schröder, bis sechs der sieben bayerischen SPD-Bezirksvorsitzenden Konsequenzen forderten und der Scharping-Gefolgsfrau Schmidt demonstrativ den Rücken stärkten. Die forderte ein Ende des „selbstquälenden Spiels“. „Schlitten fahren“ lasse sie mit sich nicht. Schmid konterte, er wäre schließlich „nicht der Diener von Renate“.

Die Landes-SPD forderte jedoch einen „Befreiungsschlag“, und Schmid schied „mit Bitterkeit“ aus zweien seiner drei Ämter aus. Er sprach von einer „politischen Hinrichtung“, gelobte jedoch, nicht nachzutreten. Doch Renate Schmidts Jubel, die SPD habe im Freistaat wieder „Tritt gefaßt“, kam zu früh. Eine Reihe bitterer Niederlagen bei den Kommunalwahlen vor allem in den mittelfränkischen Städten warf die SPD erneut zurück.

Im Mai 1996 inthronisierte Renate Schmidt dann mit dem Kulmbacher Wolfgang Hoderlein ihren Wunschkandidaten als neuen Generalsekretär. Gerade jetzt, wo die SPD mit dem bayerischen Alleingang in der Abtreibungsfrage sich endlich so richtig als Opposition hätte profilieren können, sorgte Schmid für den neuerlichen Krach.

Die Fraktion quittierte Schmids Kurs mit Kopfschütteln. Hoderlein bezeichnete ihn gar als „latente Gefahr für jedes Gremium“. Er sei einfach „nicht teamfähig“. Und Renate Schmidt riet dem Regensburger, „zum Golfspielen zu gehen und sein Handicap zu verbessern“. Dazu hätte Schmid nach seinem Rücktritt viel Zeit. Kommt er der Aufforderung des Präsidiums nicht nach, wird er wahrscheinlich auf dem SPD-Parteitag im Frühjahr abgewählt. Bernd Siegler