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■ Israels Gewerkschaften drohen mit GeneralstreikNetanjahus Rekordbilanz

Wenn der Finanzminister Dan Meridor nicht noch in letzter Minute Verhandlungen mit dem Gewerkschaftsverband Histadrut aufnimmt, läuft heute in Israel ein ganztägiger Warnstreik, der die gesamte Wirtschaft lahmlegen wird. Die Gewerkschaft fordert, daß die neue Likud-Regierung ihre drakonischen Maßnahmen zurücknimmt, durch die 5 Milliarden Schekel der Staatsausgaben eingespart werden sollen.

Dieses Sparprogramm war hektisch kurz vor der ersten Reise des Regierungschefs Netanjahu nach Washington zusammengebastelt worden – vor allem mit der Absicht, einen guten Eindruck im Weißen Haus, bei der Weltbank und in der Wall Street zu hinterlassen, Orte, die der Thatcher-Fan Netanjahu mit seiner Antrittsvisite beehrte.

Die Sparmaßnahmen wurden großartig als „neue Wirtschaftspolitik“ angekündigt. Tatsächlich bedeuten sie nicht mehr, als daß vor allem die weniger betuchten Israelis mit weniger Einnahmen (z.B. Kindergeld und Pensionen) und größeren Auslagen für Sozialleistungen (Erziehung, Gesundheitswesen usw.) rechnen müssen. Den Warnstreik, der nach dem Scheitern eines Mißtrauensvotums gegen Netanjahu beschlossen wurde, hat die Regierung prompt als „politisch motiviert“ verurteilt.

Pech für Netanjahus Regierung, daß sein Besuch bei den Finanzgewaltigen der USA von einer fast katastrophalen Krise der Börse von Tel Aviv begleitet wurde und auch die in New York gehandelten Aktien israelischer Firmen im Keller landeten. Angesichts des Börsensturzes sah sich Netanjahu gleich bei seiner Rückkehr genötigt, dringende Krisensitzungen zur Sanierung des Kapitalmarkts einzuberufen, bei denen bis jetzt allerdings nur auf Zeit gespielt wurde.

Mit ihren außen- und wirtschaftspolitischen Erklärungen hat es die neue israelische Regierung binnen zwei Wochen spielend geschafft, die israelische Ökonomie zu erschüttern. Vergeblich versucht jetzt Netanjahu, die vorhergehende Regierung als Urheber einer Wirtschaftskrise dingfest zu machen. Diese Manöver, mehr aber noch die Aussicht, daß dank Netanjahus Politik die Zukunft des Friedensprozesses ernstlich in Frage steht, werden die großen ausländischen Investoren, die Netanjahu nach Israel locken möchte, jetzt bestimmt nicht zur raschen Tat motivieren. Amos Wollin

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