■ Vorschlag
: Aus dem Dorf: South African Music im Haus der Kulturen der Welt

Es war ein ganz besonderer Moment: Im selben Augenblick, als Pops Mohammed bei der Pressekonferenz zum „South African Music Village“ ein kurzes Stück auf seinem Fingerklavier anstimmte, begann der „Carillon“-Glockenturm vor dem Haus der Kulturen der Welt mit dem Mittagsläuten. Und als hätten sie vorher miteinander geübt, vermischten sich die weichen Akkorde des winzigen afrikanischen Instruments mit den computergesteuerten Glocken vor dem Fenster zu einer klangvollen Zufallsharmonie.

Der Jazzer Pops Mohammed gehört zu den neun Solisten und Bands, die von heute bis Sonntag an jedem Nachmittag auf der Bühne im Spiegelteich vor der ehemaligen Kongreßhalle auftreten. Das South African Music Village soll einen Eindruck von der Musikszene des ehemaligen Apartheid-Staates geben. Und die hat mehr zu bieten als die traditionell-religiöse Musik, die unter anderem vom Shembe-Ensemble und der Isicatamiya-Gruppe repräsentiert wird. Die Tänze der Gumboot-Dancer, eine Art Kombination aus traditionellem Tanz, Ländler und Fred-Astaire-Nummern, wurde zu Apartheid-Zeiten bei den Großdemonstrationen in den Townships getanzt, weil das Rufen von Slogans verboten war. Für das Singen einiger Songs, die ab heute vor dem Haus der Kulturen der Welt zu hören sind, wäre man in Südafrika noch vor wenigen Jahren in den Knast gewandert.

Wie die zeitgenössische Kunst, die immer noch in der Ausstellung „Colours“des HdKdW zu sehen ist, zeugt auch die südafrikanische Musik von einer Vielfalt der „Nationalidentitäten“ in Südafrika. Die Vorfahren der „Primroses“ stammen zum Beispiel aus Malaysia und Indonesien, von wo sie vor über 200 Jahren Volkslieder der holländischen Kolonialherren mitbrachten. In ihrer „Cape-Malay“-Musik improvisieren sie zu Stücken, an die sich heute kein Holländer mehr erinnert, in Afrikaans neue, asiatisch eingefärbte Strophen. Das ist nun wirklich mal ein „Patchwork der Minderheiten“ und paßt im übrigen so gut zusammen wie das afrikanische Fingerklavier und die Berliner Mittagsglocken. Tilman Baumgärtel

Von Donnerstag bis Sonntag ab 15 Uhr vor dem Haus der Kulturen der Welt, um 20 Uhr Konzert im Auditorium