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Aus für die Wagenburg an der Berliner East Side Gallery

■ 260 Beamte räumen das umstrittene Rollheimerdorf – wegen Tuberkuloseverdacht

Berlin (taz) – Räumung in Berlin: Mit 260 Beamten hat die Polizei gestern das größte Rollheimerdorf an der East Side Gallery in der Nähe des Hauptbahnhofes geräumt – auf Antrag des Eigentümers, des Bundesvermögensamtes. Darüber hinaus begründete der Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) die Räumung der Wagenburg, die ihm seit langem ein Dorn im Auge war, mit medizinischer Notwendigkeit: Der Verdacht auf Tuberkulose habe ein Einschreiten notwendig gemacht. „Nachdem das Bezirksamt mit einer befremdlichen Verspätung Tuberkulosefälle eingestehen mußte, war sofortiges Handeln geboten“, so Schönbohm. Alle 60 anwesenden Bewohner wurden zu einem Arztmobil gebracht. Vier Leute wurden festgenommen, drei wegen vorliegender Haftbefehle, einer wegen Drogenbesitz.

Was aus den insgesamt bis zu 250 geschätzten BewohnerInnen – unter ihnen zahlreiche Punks, Obdachlose und Aussteiger, die auf dem 850 Meter langen Grundstück gewohnt haben – wird, ist unklar. Am Dienstag hat der Senat zwar beschlossen, ein Gelände in West- Staaken am westlichen Rand Berlins zur Verfügung zu stellen. Man gehe aber davon aus, daß dies nicht in Anspruch genommen werde, hieß es aus der Innenverwaltung. Zum einen gebe es keine Bereitschaft, an den Stadtrand zu gehen, zum anderen sollten die Bewohner nicht en bloc verlagert werden, weil zur „Seuchenbekämpfung eine Separierung“ erforderlich sei.

In der Wagenburg war es in den vergangenen Monaten immer wieder zu kriminellen Delikten gekommen. Drogen und Waffen wurden gefunden. Anfang April wurde ein 19jähriger Tourist auf dem Gelände niedergestochen. Drei Tage später war ein 18jähriger von fünf Männern niedergeschlagen und mit glühenden Eisennägeln gequält worden. Seit 1991 existierte die Wagenburg. jgo Reportage Seite 12

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