Stadtteil-Beiräte werden totgespart

■ Innensenator Borttscheller muß sparen und legt erstmal die Hälfte aller Beirats-Mittel auf Eis

Den Beiräten geht es ans politische Leben. Das Innenressort, bei dem die Viertelparlamente administrativ angesiedelt sind, muß im laufenden Haushalt noch knapp sieben Millionen Mark einsparen. Nun geht die Angst in den Ortsämtern um, daß damit die Hälfte der Haushaltsmittel für die Basispolitik gestrichen werden. Die Angst ist ziemlich berechtigt, denn: Im Juni hat der Senat einen neuen Sparmodus beschlossen, nach dem für einzelne Ausgabenposten abgestufte Sparquoten gelten sollen, je nachdem, wie hoch der Grad der rechtlichen Verpflichtung ist. Weil es kein explizites Recht auf Beiräte-Mittel gibt, können die nach der neuen Quote um 40 Prozent zusammengestrichen werden. Das kann in diesem Jahr schon losgehen, denn bislang ist erst die Hälfte der Mittel ausgezahlt. Die andere Hälfte hat das Innenressort gesperrt.

Dabei geht es vor allem um die „Globalmittel“, den kleinen aber frei verfügbaren Haushalt der Beiräte. Als der Landeshaushalt 1996 aufgestellt werden sollte, lagen die Globalmittel noch bei zwei Millionen Mark, nach einem ersten Schnitt mit der 15prozentigen Sparsense nur noch bei 1,7 Millionen. Doch insgesamt fehlten dem Land immer noch 100 Millionen Mark, und die wurden per Sparquote nun auf die einzelnen Ressorts verteilt. Im Februar hatte das Innenressort den Beiräten mitgeteilt, daß sie vorerst nur die Hälfte aller Mittel ausgegeben dürfen, 50 Prozent wurden gesperrt. Die Jahreshälfte ist lange um, nur blieb die Sperrung bestehen. Bis Ende September will das Ressort einen Sparvorschlag erstellt haben, Ende Oktober soll entschieden werden.

Bis dahin sitzen die Beiräte auf dem Trockenen. Beispiel Neustadt: Dort hat der Beirat seine gesamten Globalmittel 1996, mehr als 136.000 Mark, in das Projekt „Schwankhalle“ gesteckt. „Die Mittel sind ein Signal, andere Mittel ranzuziehen. Wenn nun die Hälfte wegbricht, dann trifft uns das mitten in der Aufbauphase. Eine Katastrophe“, erzählt Ortsamtsleiter Klaus-Peter Fischer. Ohnehin springen die Beiräte immer häufiger mit ihrer schmalen Kasse dort ein, wo der Bremer Haushalt nicht mehr bezahlen kann oder will: für Kindergärten, Schulen, karitative Einrichtungen – „je mehr die Projekteförderung wegbricht, desto mehr Leute kommen zu uns.“

Woanders geht es genauso. Als das Junge Theater Geld brauchte, um Sponsorenmittel einzuwerben, da half nicht etwa das Kulturressort, sondern der Beirat Östliche Vorstadt machte 18.000 Mark locker. Viertel-Ortsamtsleiter Robert Bücking: „Wenn wir das nicht getan hätten, wäre das ganze Unternehmen gestorben. Es ist ganz kurzfristig gedacht, uns jetzt die letzten Ressourcen aus der Hand zu schlagen.“ Die Beiräte seien einfach schneller in der Lage, da einzugreifen, wo es finanziell brennt. „Hinterher wird es nur teurer.“

Ohnehin werden neben den Beiräten auch die Ortsämter mehr und mehr ausgetrocknet. Zugesagte Computer werden gestrichen, Personal wird abgezogen, dringende Investitionen mit den wildesten Provisorien verschoben. Im Ortsamt Neustadt/Woltmershausen regnet es durch völlig verrottete Fenster. Neue Fenster waren zugesagt, kommen aber wegen der Sparquote nicht. „Nun sind die Fenster zugeklebt worden“, erzählt Ortsamtsleiter Klaus-Peter Fischer. „Gleichzeitig sollen wir mit weniger Personal besseren Service bieten. Bei uns steht es Unterkante Oberlippe.“ Bücking: „Man hat das Gefühl, die Kommunalpolitik ist nur noch ein Restposten.“

Jetzt soll eine alte Diskussion wiederbelebt werden. Die Beiräte und Ortsämter sollen endlich aus dem Hoheitsbereich des Innenressorts herausgenommen werden, meinen viele Beiräte und Ortsamtsleiter. Bücking: „Die Beiräte sind die direkt gewählten Organe der Gemeindeebene. Man kann sie nicht zum Objekt eines Ressorts machen, das unbedingt Geld zusammenkratzen muß.“ Genau das meint auch Fischer. „Die Mittel für die Beiräte gehören eher zur Bürgerschaft oder in die Senatskanzlei.“ Nach der Sommerpause soll sich der Gesamtbeirat mit dem Thema befassen. „Wir müssen das endlich mal anpacken.“ J.G.