Leo Kirch auf großer Einkaufstour

■ Der Münchner Medienhändler bezahlt mehrere Milliarden Dollar für die Rechte an Spielfilmen und Fernsehserien aus Hollywood - das Nachsehen hat der Konkurrent Bertelsmann und CLT

München/Hamburg (AFP/dpa/ taz) – Leo Kirchs Kriegskasse scheint unerschöpflich. Die Fernsehübertragungsrechte für die Fußballweltmeisterschaften der Jahre 2002 und 2006 kosteten den Münchner Mediengrossisten mal eben 3,4 Milliarden Mark. Doch solche Summen steckt Kirch locker weg. Letzte Woche fuhr er auf große Einkaufstour in die USA. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins Focus hat er dort neue Filmgeschäfte in Milliardenhöhe abgeschlossen. 800 Millionen Dollar wert sollen Rechte an einem Spielfilm- und Serienpaket des Warner-Konzerns sein, die Kirch für seine Pay-TV-Kanäle erworben hat, etwa eine Milliarde dürften die Nutzungsrechte für Spielfilme aus den Hollywood Studios von MCA gekostet haben, die Kirch ebenfalls eingekauft hat. Ein weiterer Vertrag über künftige Warner-Produktionen steht vor dem Abschluß, geschätztes Volumen: 1,2 Milliarden Dollar.

Nach Informationen des Spiegel sollen die Kaufsummen noch höher sein. Doch Preise spielen keine Rolle mehr im Kampf um die Vorherrschaft auf dem deutschen Markt für das digitale Fernsehen. Kirchs spezielle Decoder-Box ist zwar noch nicht lieferbar, Ende dieses Monats soll Kirchs Kanal „DF1“ trotzdem auf Sendung gehen – schneller und mit attraktiveren Angeboten als bei der Konkurrenz des Bertelsmann-Konzerns.

Die Kooperation der Gütersloher mit der Compagnie Luxembourgeoise de Télédiffusion (CLT), die im Frühjahr noch zumindest als Etappensieg der Bertelsmänner galt, hat Kirch kaum aus dem Tritt gebracht. Er kauft dem Bertelsmannkonzern einfach alles vor der Nase weg, was irgendwie vermarktet werden kann.

Bertelsmann streicht die Investitionen zusammen

Und nicht nur in Hollywood haben die Gütersloher das Nachsehen. Kirch hat sich auch mit Rupert Murdoch und seinem britischen Pay-TV-Sender BSkyB verbündet – vor wenigen Wochen war Murdoch noch an Bertelsmanns neuer Fernsehgesellschaft beteiligt. Doch der eigenmächtige Medienhändler stieg beleidigt aus dem Geschäft aus. Er sah seine Interessen wohl bei Kirch besser aufgehoben.

In Gütersloh macht sich allmählich Krisenstimmung breit. Kompetenzstreitereien mit dem französischen Partner belasten den Start der gemeinsamen Fernsehgesellschaft. Zwar soll auf der Computermesse „CebitHome“ auch schon Ende August unter dem Namen „Club RTL“ ein Angebot von 15 Pay-Kanälen vorgestellt werden – für die Sparten Musik, Medizin, Dokumentation und Sport. Was fehlt, sind Kirchs Hollywoodserien für den Massengeschmack. Konzernchef Mark Wössner macht deshalb schon mal Kassensturz. Der Spiegel zitiert ihn mit den Worten, er wolle „im Zweifel konsolidieren“. Die Zweifel sind begründet. In der letzten Halbjahresbilanz war das Betriebsergebnis um 16 Prozent gefallen. Das Minus wurde mit der schwierigen Konjunkturlage und „Sondereffekten“ begründet.

Wössner rechnet trotzdem noch mit einem Anstieg des Jahresüberschusses. Nach Informationen des Spiegel ist das operative Betriebsergebnis aber im Vergleich zum Vorjahr von 1,6 Milliarden auf 1,4 Milliarden Mark gesunken. Wössner habe daher die ursprünglich geplanten Investitionen von fünf Milliarden Mark in den nächsten zwei Jahren „drastisch“ zusammengestrichen. nh