Weder ja noch nein

■ Interview mit dem Bremer IG-Metaller Gert Borrmann über die Gespräche beim EU-Wettbewerbskommissar

Das Bangen um den Vulkan nimmt kein Ende: Eine Kommission der Europäischen Union (EU) prüft derzeit, ob die 72 Millionen Mark, die das Land Bremen im Rahmen einer Bürgschaft zum Bau des Kreuzfahrtschiffes „Costa Victoria“ zugeschossen hat, unerlaubte Wettbewerbsbeihilfen waren (siehe taz 18.7.). Die Entscheidung soll im November fallen. Dann will Brüssel auch über weitere Landesbürgschaften für den Bau zweier Containerschiffe entscheiden. Solange wollen Senat und Vulkan-Vorstand allerdings nicht warten. Heute sind Vertreter des Senats und des Vulkan-Vorstandes in Brüssel. Sie wollen erreichen, daß die EU-Kommission sich schon bis zum Ende des Monats zu einer Entscheidung durchringt. EU-Wettbewerbskommissar Karel van Miert hatte zuvor signalisiert, daß die Beihilfen nur genehmigt werden, wenn Teile der Vulkan-Werft stillgelegt werden. Vulkan-Betriebsräte und Gewerkschaftsfunktionäre der IG-Metall sind deshalb vergangenen Freitag nach Brüssel gereist, um den EU-Vertretern die Stillegung eines Docks, einer Dockhalle und eines Helgen für den zivilen Schiffbau (30 Prozent der Tonnage-Kapazität) anzubieten. Wie die EU-Vertreter reagiert haben, wollten wir von Gert Borrmann wissen. Er ist Sekretär der IG Metall in Bremen .

Herr Borrmann, Sie waren bei van Mierts Kabinettchef van Hoff und dem Abteilungsleiter für Werften und Subventionen, Pettersen. Sind Sie mit offenen Armen empfangen worden?

In Brüssel wird man zur Zeit nicht mit offenen Armen empfangen.

Und wie haben van Hoff und Pettersen auf das Angebot reagiert?

Die haben nichts gesagt. Weder ja noch nein. Sie haben es nur zur Kenntnis genommen.

Wieviel Zeit haben Sie mit den Herren verbracht?

Anderthalb Stunden. Wir haben die Situation in Bremen dargestellt und darauf hingewiesen, daß die Arbeitslosigkeit allein in Bremen Vegesack bei 16,2 Prozent liegt. Wir wollten deutlich machen, was es für die Region bedeutet, wenn der Vulkan-Standort Vegesack jetzt ganz geschlossen wird.

Was versprechen Sie sich davon? Van Miert ist doch an das EU-Wettbewerbsrecht gebunden.

Ja, da haben Sie recht. Und das hat man uns auch in seinem Büro zu verstehen gegeben. Die haben gesagt, daß sie ein Regelwerk hätten, an das sie sich halten müßten.

Und welchen Eindruck haben Sie? Genügen die 30 Prozent oder will van Miert der Werft in Bremen Vegesack den Garaus machen?

Die haben uns ganz deutlich gemacht, daß auf dem Weltmarkt eine Überkapazität an Schiffbau da wäre. Aus diesem Grunde müßten weltweit Kapazitäten abgebaut werden – auch in Deutschland.

Ist das eine Einschätzung, die Sie teilen?

Kann ich nicht sagen. Wir haben das zur Kenntnis genommen. Uns ging es darum darzustellen, daß es nicht angehen kann, daß die Unterweser-Standorte geschlossen werden. Deshalb auch das Angebot.

Aber wie kommen IG Metall und Betriebsräte denn dazu, van Miert ein solches Angebot zu machen. Wenn die EU-Kommission tatsächlich zu dem Schluß kommt, daß die 72 Millionen Mark unerlaubte Staatsbeihilfen waren, müßte das Land Bremen das Geld zurückfordern. Außerdem müßte sich der Mitgliedstaat Deutschland vom Europäischen Gerichtshof per Urteil den Vorwurf gefallen lassen, gegen den EWG-Vertrag verstoßen zu haben. Die Verhandlungsposition Deutschlands innerhalb der EU würde geschwächt. Und dafür wäre letzt-endlich der Bremer Senat verantwortlich.

Ja, aber für uns war es in erster Linie wichtig, selbst dorthin zu fahren, damit die mal sehen, das sind also die Leute, die das betrifft.

Ist es nicht ein bißchen naiv zu glauben, die EU-Vertreter würden sich davon beeindrucken lassen?

Sie sind ja lustig. Wenn es um ihren Arbeitsplatz ginge, würden Sie auch alles versuchen, um ihn zu retten – auch wenn es noch so aussichtslos aussieht.

Sie sind mit dem Ziel nach Brüssel gefahren, den EU-Vertretern die Probleme der Schiffbauer nahezubringen. Ist Ihnen das gelungen?

Es ist schwierig, mit so hohen Beamten zu reden, die von dem Geschehen so weit weg sind. Es war durchaus ein offenes Gespräch. Aber inwieweit die nun wirklich ihr wahres Gesicht gezeigt haben, weiß ich nicht.

Hat sich Ihr Besuch überhaupt gelohnt?

Weiß ich nicht. Ich bin aber froh, daß wir es versucht haben.

Fragen: Kerstin Schneider