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: Es war einmal in Olympia

„Helden“, Sonntag, 22.15 Uhr, arte

Wehmütig erklingt die Filmmusik aus Sergio Leones „Es war einmal in Amerika“. Diese Stimmung zieht sich durch den Film. Sieben Olympiasieger hat Albert Knechtel für „Helden“ besucht und mit ihnen über Olympia gesprochen.

Die rumänische Turnerin Daniela Silvas lebt heute in Atlanta und arbeitet als Turnlehrerin. Sie erzählt etwas über den Ostblock- Drill. Der legendäre Hochspringer Dick Fosbury erklärt noch einmal, wie es dazu kam, daß er rückwärts hüpfte. Ein Pepsi-Spot verewigt die Story. Die schwarze Sprinterin Barbara Jones Slater ist „stolze Mutter und stolze Oma“ und Lehrerin für schwererziehbare Kinder. Heute vermittelt sie amerikanische Grundwerte. Kämpferischer gibt sich Tommie Smith, der seine Goldmedaille in Mexiko 1968 im Zeichen von Black Power entgegennahm. Seine Rede wird mit Bildern der Rassenunruhen von 1992 gegengeschnitten. Der Holländer Anton Geesink, genannt „der Berg“, war der erste Nichtjapaner mit Judogold. Er ist IOC-Funktionär und engagiert sich für Behindertensport.

Seltsam leer und demonstrativ authentisch wirkt der Germanistikstudent, der im Seminar manchmal neben mir saß. Michael Gross ist Geschäftsführer einer PR-Agentur. Für wen er PR macht, sagt er nicht. Der letzte „Held“ ist Kip Keino, der „Vater des kenianischen Laufwunders“. Der verschmitzte Dauerläufer erklärt: „Ich bin Bauer und Vater von 74 Kindern.“ Er leitet heute ein Kinderheim. Der Filmemacher läßt reizvolle Bilder der sportlichen Erfolge Revue passieren; die Kommentierung der Athleten sowie einige biographische Splitter geben Einblicke in deren unterschiedliche Welten. Doch ärgerlich an diesem Film ist die Dominanz der Musik, die jede Stimmung vorgibt. Zuweilen schiebt sich der Sound sogar so laut in den Vordergrund, daß das Gesagte schwer zu verstehen ist.

Die Gespräche sind wild zusammengeschnitten; das Leben der „Helden“ wird somit nicht beobachtet im Sinn des Dokumentarfilms. Hektische, clipartige Montagen präsentieren sie eher wie in einem Werbespot.

Die Reise von einem Sport- „Helden“ zum nächsten nutzt der Filmemacher, um sich selbst ausgiebig in Szene zu setzen. Doch durch die Bilder von seinem nachdenklichen Blick aus dem Busfenster wird der Film nicht persönlicher, sondern nur bemühter. Manfred Riepe