Kanapees und warme Worte

■ Die Deutsche Bank spendiert dem Gerhard Marcks-Haus eine umfangreiche Ausstellung mit Zeichnungen von Beuys und Pichler / Künstlerisch unklare Kombination

ns wurde ein Geschenk ins Haus getragen, etwas, wofür man in knappen Zeiten besonders dankbar ist.“ Mit warmen Worten für den Sponsor eröffnete Martina Rudloff, Chefin des Bremer Gerhard Marcks-Hauses, am Montag die Ausstellung „Joseph Beuys – Walter Pichler“, bevor 4500 Kanapees mit Aal, Forelle, Lachs und Sekt gereicht wurden. Es war eben keine gewöhnliche Ausstellungseröffnung. Vielmehr feierte die Deutsche Bank mit geladenen Gästen in der alten Ostertorwache am Wall das 125jährige Bestehen ihrer ältesten Filiale in Bremen. Und bei solchen Anlässen ist natürlich international anerkannte Kunst Ehrensache. Auch Brigitte Seebacher-Brandt, seit Oktober letzten Jahres in Sachen Kunst für die Bank tätig, durfte nicht fehlen. Obwohl ihr zur Ausstellung selbst wenig einfiel: „Dazu möchte ich nichts sagen.“

Dem Gerhard Marcks-Haus, das erst vor zwei Jahren die Retrospektive „Beuys und die Antike“ ausgerichtet hatte, wurden auf Initiative des mächtigen Geldinstituts immerhin zwei Kabinette randvoll mit Zeichnungen des Meisters gefüllt. Die Papierarbeiten, zwischen 1949 und 1969 entstanden, seien von Beuys wie von einem Barockmaler sorgsam gesammelt worden, berichtete Ausstellungsorganisator Klaus Gallwitz, Ex-Chef des Frankfurter Städels, am Montag. Seit die Deutsche Bank und das Städtische Kunstmuseum in Düsseldorf die Zeichnungen gemeinsam erworben haben, regelt ein Vertrag, daß sie gemeinsam ausgestellt werden dürfen.

So ergibt sich die Chance, 57 chronologisch gehängte Zeichnungen von Beuys zu studieren. Zum Beispiel den Doppelakt „Astronautin“, bei dem Rippenbögen und Wirbelsäule in liebevoll zarten Bleistiftstrichen angedeutet sind. In einem anderen Blatt hat der vor zehn Jahren verstorbene Krefelder Baupläne, eine fleckige Filtertüte, Notizen und Tuschezeichnungen zu Collagen zusammengefügt. Daneben sind nervös bekritzelte Zettelchen zu sehen und Studien, die auf „Wärmeplastiken“ und „Filz-skulpturen“ verweisen. Hier wird die Entdeckerlust des Romantikers, Provokateurs und Schamanen reizvoll vorgestellt – Grund genug, ins Marcks-Haus zu gehen.

Doch bleibt beim Rundgang vorbei an mehr als 100 Zeichnungen die Frage offen, warum die Beuys-Blätter ausgerechnet mit Arbeiten des architektonisch ausgerichteten Bildhauers Walter Pichler kombiniert wurden. Letztendlich nur, weil die Deutsche Bank von beiden Männern ein enormes Konvolut an Zeichnungen besitzt?

Die Erklärungsversuche bei der Ausstellungseröffnung jedenfalls fielen recht kläglich aus. Ein wichtiger Aspekt für das Oeuvre beider Künstler sei das gemeinsame Bestreben, Kunst und Leben miteinander zu verbinden, hieß es. Prof. Klaus Gallwitz, der eigenen Angaben zufolge „den Kunstankäufen der Bank eine Linie gibt“ und die Idee zur Doppelausstellung hatte, sieht in Beuys und Pichler „eminente Zeichner“. Parallelen habe es zudem bei den verwunschenen Ateliers von Beuys in Kleve und Pichler in St. Martin im Burgenland gegeben. Und in beiden Fällen stünden die Zeichnungen dem plastischen Werk nahe. So weit, so allgemein. Doch das ausgestellte Werk des seit Jahren im Burgenland seßhaften, 15 Jahre jüngeren Pichler unterscheidet sich eher vom einst weltreisenden Beuys, als daß Verwandtes zu finden wäre. Der quadratische Raum des kleinen Bildhauermuseums zeigt Pichlers Holzmodell „Drei Flächen“, das Skulptur und Architektur zugleich ist. Die grauen Wände des Miniaturgebäudes begrenzt ein Dach aus Aluplatten. Licht wird im Inneren durch Spiegel reflektiert.

Drumherum hängen auf Augenhöhe farbig gefaßte Entwurfsskizzen und Vorzeichnungen. Demnächst, erklärte der Künstler, sollen die „Drei Flächen“ in großem Maßstab ausgeführt werden. In einem Nachbarraum des Marcks-Hauses sind Erinnerungsbilder an seine Südtiroler Kindheit ausgestellt, die Wege und Häuser von damals zeigen. Menschen tauchen in Pichlers Blättern seltener auf als bei Beuys.

Feuer und Flamme für den Doppelpack im Gerhard Marcks Haus schien der 60jährige nicht zu sein. „Beuys ist ein hochgeschätzer Mann“, erklärte er zwar. Es sei schon eine feine Sache, mit ihm zusammen ausgestellt zu werden. Doch Beuys' anthroposophischer Ansatz und die Theorielastigkeit hätten ihm nie zugesagt.

Sabine Komm

Am kommenden Wochenende ist das Museum wegen eines Empfangs der Deutschen Bank für die Öffentlichkeit tabu, ansonsten wie gewohnt geöffnet. Ausstellung bis 8. September. Katalog: 35 Mark.

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