What's hot, what's not
: Quadratische Halbkörperansichten

■ So mögen wir unseren Arnold und die anderen ultimativen Gesichter des Jahres 96: Geschmack in und um Hollywood

Was ist schon ein Star, wenn nicht ein ultimatives Gesicht? Klingt, als hätte es in der taz gestanden, ist aber aus Allure, dem Zentralorgan intelligenter Kosmetikjunkies. Allure rahmt Sandra Bullock und Winona Ryder, die ultimativen Gesichter des Monats Juli, auf seiner „Vorher– Nachher“-Seite mit spitzen Segelohren – für Bullock nichtiger Popelkram, verglichen mit ihren harten Teenagerjahren, „als das Wort ,Hund‘ ausgesprochen oft benutzt wurde, um mein Äußeres zu beschreiben“. Nun wurde Sandra Bullock kürzlich vom Magazin People unter „die fünfzig schönsten Menschen des Jahres 1996“ gewählt – dies und 11 Millionen Dollar Gage für „Speed 2“ mögen eine kleine Entschädigung sein für erlittene Gemeinheiten.

Unsereins hingegen muß Gemeinheiten erleiden, ohne auch nur irgendwohin gewählt zu werden, außer vielleicht in die Top 5 der empfindlichsten Zeitgenossen. (Was sage ich da, in die Top 2!) Wehgeschrei, Bestürzung: Libby Gelman-Waxner war nicht nur die originellste Kolumnistin der USA (Premiere), sondern auch mein liebstes Role model: die ultimative Verkörperung der reichen, schönen, intelligenten, jüdischen Zicke. Nun ist es heraus, daß Libby infamerweise ein Mann ist, der Paul Rudnick heißt, vermutlich an der Westküste sitzt und über meine Libby-Anbetung kichert. Seine Filmkritiken gefallen mir, seit das Magazin Glamour die arglistige Täuschung aufgedeckt hat, ÜBERHAUPT NICHT MEHR. Hiermit gelobe ich, eine Frau und nichts als eine Frau zu sein.

Heiß sind dieser Tage Woody Allen und seine Adoptionskomödie „Mighty Aphrodite“, denn Adoptionsgeschichten sind in Zeiten von Aids und Cybersex schwer en vogue: Man zeugt nicht mehr selbst, man läßt zeugen, und wenn Sie schon hip und cool sein wollen, werden Sie sich wohl auch so einen kleinen Racker im Strampler anfertigen lassen müssen. Aktuell zählte ich allein vier cineastische Fremdzeugungen, nämlich „Flirting with Disaster“, „Secrets and Lies“, „Mighty Aphrodite“ und – nicht schummeln, Liebling – „Familienbande“. Ausgesprochen unheiß dagegen ist Mia Farrow, Woodys Ex, obwohl sie in ihrem Leben schon allerhand adoptiert hat. Mia Farrows Unbeliebtheit

Man nannte sie Hund – Sandra Bullock Foto: Cinema

hat andere Gründe: 87 Prozent aller vom Magazin People Befragten wollen rein gar nichts mit ihren demnächst erscheinenden Memoiren zu tun haben.

Habe ich beim letztenmal etwa behauptet, daß „Einsame Entscheidung“ der lachhafteste Film der letzten Monate sei? Fataler Irrtum, denn inzwischen habe ich „The Rock“ mit Nicholas Cage und Sean Connery gesehen. Gehört zur Gattung „Gemeiner Jungs-spielen-Krieg- Film“, in dem Connery als Agent verblüfft, der dreißig seiner sechzig Lebensjahre angekettet in Einzeldunkelhaft verbringt, bei der anschließenden Terroristenbekämpfung aber fit ist wie meine 57jährige Mutter, wenn sie die Schweizer Alpen bewandert. (Und sie IST fit!) Bei der Verleihung des Cecil B. De Mille Awards verriet Sean Connery jedenfalls, daß er „an die stillen, menschlichen Momente des erzählenden Kinos glaube“, eine Neigung, die er gut zu verbergen weiß.

Ähnlich James Caan. Er sagte seine Mitarbeit in Arnold Schwarzeneggers „Eraser“ zu, „weil das Script so sehr gut ist“. Daß ich nicht vor Lachen rücklings auf den Teppich falle und mit den Beinen strampele! Vermutlich ist das „Eraser“-Script nur haarscharf besser als das von „The Rock“: „Ich schicke Ihnen eine zweite Spezialtruppe. – Lösen Sie das Problem. – Ich liebe meine Tochter. – Sie sind alle tot. – Nein, doch nicht! – Wir haben eine wichtige (einsame) Entscheidung zu treffen. – Ich befehle Ihnen, nicht abzuhauen.“ Wer will denn auch Worte in Filmen, in denen nicht einmal ultimative Gesichter vonnöten sind. Im „Eraser“-Trailer ballert Arni Schwarzenegger – quadratische Halbkörperansicht – mit zwei Maschinenpistolen gleichzeitig in entgegengesetzte Richtungen. So mag ich ihn am liebsten, sagt

Anke Westphal