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Ohne Katze im Orbit

Waffenresistent und hyperfruchtbar: Ridley Scotts „Alien“-Film hatte noch zwei Nachfolger – Im Freiluftkino Hasenheide werden heute in sechseinhalb Stunden alle drei gezeigt  ■ Von Gudrun Holz

Die Paraderolle von Sigourney Weaver ist die der skrupulösen Forscherseele, verpackt in fragiler weiblicher Gestalt. Sei es, daß sie wie in „Gorillas im Nebel“ dem Ruf der Wildnis folgt und ihre behaarten Freunde vor den Unbilden der Zivilisation abschirmt oder jüngst in „Copykill“ neben der seelenverwandten Holly Hunter den unsympathischen Motiven eines Serienmörders nachspürt. Immer begegnet sie einem janusgesichtigen Etwas, das lauernd auf seine Stunde wartet. Weavers Rollen sind Desperadostücke, etwas pathetisch ins Bild gesetzt vielleicht, aber hübsch anzusehen.

Angefangen hatte alles 1978 auf der Nostromo, dem filmischen Mutterschiff sozusagen. Hier begann die nach klassischem Sience- fiction-Muster gestrickte Geschichte namens „Alien – Das unheimliche Wesen aus einer Fremden Welt“. Sigourney Weaver spielte dabei in der Hauptrolle – lange vor Albernheiten wie Tank- Girl – den weiblichen Offizier Ellen Ripley, ohne feminine Accessoires, dafür aber mit Katze. Die Handlung ist schlicht: Von einer nebulösen Company ausgeschickt in die Weite des Alls, schleppt sich die siebenköpfige Crew ein grausliches Monster ein, das nicht nur waffenresistent und hyperfruchtbar ist, sondern nach und nach die ganze Besatzung niedermacht.

In der Regie von Ridley Scott („The Blade Runner“) wurde daraus allerdings ein perfekt inszenierter Suspense-Thriller, der sich weder auf plakative Horroreffekte noch megalomane Spaceship- Kulissen verläßt.

Mit Sinn fürs designerische Detail – die Spezialeffekte stammen vom Experten für Unappetitlichkeiten, H.P. Giger – wurde ein nettes Raumschiff erschaffen, mit Kojen für den Kälteschlaf und sogar einem großen Frühstückstisch für die Raumschiffrekruten. Was die Frage aufwirft: Warum wollten die eigentlich nach Hause? Dürfen sie überhaupt? Und was kann sie Schlimmes erwarten? Rein kinotechnisch sieht die Zukunft für Ellen Ripley düster aus. Es geht nicht nach Hause, sondern in die Serie: Zweimal noch, für „Alien 2 – Die Rückkehr“ (1985) und „Alien 3“ (1991) mußte die gebeutelte Kämpe zurück in den Orbit – und diesmal ohne Katze.

In der Regie von James Cameron ist die zweite Alien-Staffel ein Spaß für die ganze Familie, reich an tumbem Horror. Nach 57 Jahren im Kühlschrank jagt Ripley widerwillig erneut das Außerirdische. Nach einem kurzen Erdenaufenthalt zwischen Vogelzwitschern und Parkidyll startet die nächste Mission. Und im Gegensatz zur positivistischen Attitüde populärer Raumschiff- und Explorerserien ist das Weltall endgültig alles andere als ein einladender Ort voller Zukunftsversprechen.

Wenn Ripley (wieder Weaver) nicht ab und zu fulminant gegen das glibberig-amorphe Fremdwesen anginge, könnte man zudem glauben, in einen x-beliebigen Army-Film geraten zu sein. Nicht ganz so klamottig wie M.A.S.H., aber auch nicht unbedingt glaubwürdiger. Dafür darf Officer Ripley auch diesmal ihr mütterlich- mildes Herz zeigen: Sie nimmt sich eines Findelkinds an und geht löwinnengleich mit diesem durchs Feuer. Das Alien (Fremde) wird dabei langsam zum guten Bekannten, das Ripley wundersamerweise unbeschadet läßt. Was wiederum eine Frage aufwirft: Ist Ripley mittlerweile selbst „alien by nature“?

Ähnliches muß sich auch David Fincher, der Jungregisseur von „Alien 3“, gefragt haben. Schauplatz dieses ziemlich witzlosen Streifens ist ein verrottetes Gefängniscamp, wo kahlgeschorene Sträflinge trübe in kanalisationsartigen Verschlägen vor sich hin dämmern. Ripley im Lande der Glatzen also, wieder auf Tuchfühlung mit dem sekretreichen Dingens. Der Reihe nach werden die drei Dutzend Gefangenen vom Fremdwesen abgemurkst. Ohne erkennbare Dramaturgie oder Erklärung für den nicht besonders originellen Schauplatz wälzt sich das Werk auf einer Schleimspur der Langeweile dahin. Eine Folge von „Akte X“ draus machen, das wär's gewesen. Knapp sechseinhalb Stunden „Alien“ sind ein harter Brocken und wohl nur dem echten SF-Fan zuzumuten.

Heute, 21.30 Uhr, Freiluftkino Hasenheide

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