Alternativ, dynamisch, erfolgreich

■ Gesichter der Großstadt: Markus Petersen (36) ist einer der Geschäftsführer des Car-sharing-Unternehmens "Stattauto". Von der Kneipenidee zum 4.000-Mark-Gehalt

Diesen Wunsch haben schon viele gehabt: Theorie und Praxis sinnvoll miteinander zu verbinden und damit auch noch Geld zu verdienen. Markus Petersen hat das geschafft. Er ist nicht nur der Gründer von „Stattauto“ und erfolgreicher Unternehmer, sondern hat jetzt für seine Dissertation über die ökonomische Analyse des Car- sharing noch einen mit 25.000 Mark dotierten Preis von der Schader-Stiftung bekommen.

Seit 1986 beschäftigt sich der 36jährige mit Autofahren und damit, wie möglichst viele Menschen möglichst wenige Autos nutzen können. Die Idee des Stattautos wurde jedoch nicht im Studierzimmer, sondern am Kneipentisch geboren: Markus und seine beiden Brüder Carsten und Oswald wollten sich zusammen ein Auto kaufen, „einen süßen Cinquecento“. Schnell wurde den Brüdern klar, daß es ziemlich kompliziert sein würde, sich ein Auto zu dritt zu teilen. Denn: Wie werden die einzelnen Fahrten abgerechnet, und wo parkt das Auto? Eine ausgeklügelte Organisation mußte geschaffen werden, um fair und ohne großen Aufwand mit mehreren ein Auto nutzen zu können.

Das war vor zehn Jahren. Heute ist Stattauto mit 3.200 TeilnehmerInnen und 160 Fahrzeugen ein etabliertes Unternehmen mit alternativem Anstrich. Markus und Carsten Petersen sind seitdem die Chefs – und das ohne Abstriche: „Wir haben in der Firma absolut das Sagen“, betont der jungenhaft wirkende Petersen. Für den ehemaligen Betriebswirtschaftsstudenten sind Volkseigentum und Genossenschaftsmodelle ein Greuel, er bervorzugt „abgemilderte“ kapitalistische Strukturen, weg vom hemmungslosen dezentralen Konsum, hin zur einer möglichst kollektiven Nutzung des Autos.

Doch Petersens Zielgruppe ist nicht die ganz normale AutofahrerIn, der durchschnittliche Stattauto-Teilnehmer ist vielmehr der gutverdienende, berufstätige Mann Mitte Dreißig mit Hochschulabschluß. So macht auch Petersens persönliches Engagement von der Vision einer autofreien Innenstadt vor der politischen Ebene halt. Michael Cramer von den Bündnisgrünen sei zwar der „beste Verkehrspolitiker“ überhaupt, doch selbst politisch aktiv zu werden ist Petersen „zu anstrengend“: „Das halte ich nicht aus.“

Markus Petersen ist der Prototyp eines modernen jungen Unternehmers: So bezeichnet er sich selbst als „immer verfügbar“, er „arbeitet gerne in Gruppen“ und spielt mit offenen Karten: Die Car- sharerInnen sind in einem Verein organisiert und haben „vollen Zugang“ zu den Informationen der Firma – auch zu den Gehältern der Chefs. Mit seinem Lohn, 4.000 Mark monatlich, hält Petersen nicht hinterm Berg: „Daß die Industrie so ein Riesengeheimnis aus den Gehältern macht, finde ich albern.“

Seinen Jugendtraum, „Millionär werden“, hat Petersen, der aus einer kinderreichen Lehrerfamilie vom Bodensee stammt, allerdings noch nicht verwirklicht. Vielleicht klappt es ja, wenn Stattauto noch mehr KundInnen findet. Petersen hofft jedenfalls, daß in Berlin irgendwann einmal insgesamt 20.000 Stattautos stehen werden. Julia Naumann