Obskurer Verein

■ betr.: „Die spendablen Bürger von Wetzlar“, taz vom 31.7. 96

Ihr Artikel über den obskuren Verein „Pro Polizei“, der der Wetzlarer CDU-Politiker Hans- Jürgen Irmer gegründet hat, hat ein aufschlußreiches Licht auf die Wetzlarer Atmosphäre geworfen und in seiner leisen Ironie auch die geeignete Form der Kritik gefunden.

Die wichtigste Information über den Vereinsgründer und Vorsitzenden Hans-Jürgen Irmer blieb den Lesern jedoch vorenthalten: Irmer betreibt seit vielen Jahren in seinem Anzeigenblatt Wetzlar Kurier Ausländerfeindlichkeit im großen Stil. So bezeichnete er in der Osterausgabe des Wetzlar Kurier den Islam pauschal als „die zweifellos größere Gefahr, als es der Kommunismus jemals war“. Diese Religion bete einen Allah an, „der das Gegenteil Gottes ist“. Er malt das Szenario eines islamisierten Deutschlands: „Der Staatspräsident muß ein Moslem sein ... Die Kirchen werden ausnahmslos in Moscheen umgewandelt ... Die Kirchenglocken werden abgeschafft.“

Immer vergleicht er den Islam mit „Diktatoren wie Hitler oder Karadžić“ und warnt deshalb davor, mit Vertretern dieser Glaubensrichtung zu verhandeln. Der Wetzlar Kurier wird in einer Auflage von 55.000 an alle Wetzlarer Haushalte verteilt. Die Redaktion der Evangelischen Kommentare in Stuttgart hat gegen diesen Artikel Beschwerde beim deutschen Presserat eingelegt.

Das Problem am Wetzlarer Verein „Pro Polizei“ ist deshalb nicht nur seine dubiose Zielrichtung, sondern vor allem, daß sich hier Hunderte von Bürgern, einschließlich der SPD, der Industrie- und Handelskammer und der örtlichen Lokalpresse vor den Karren eines solchen Agitators spannen lassen. [...] Eva Baumann-Lerch, Wetzlar