Europäische Union erzielt Einigung über Mostar

■ Dauerhafte Teilung der Stadt abgewendet: Kroaten stimmen Vereinbarung über Stadtrat zu. Ein Kroate soll Bürgermeister werden, ein Muslim der Kantonschef

Mostar (AP/AFP/taz) – Die Gefahr einer dauerhaften Teilung der Stadt Mostar ist vorerst abgewendet. Nach tagelangen Verhandlungen und nach dem Verstreichen zweier von der Europäischen Union gesetzten Fristen haben sich Muslime und Kroaten gestern auf einen Neuanfang verständigt. „Wir haben eine Vereinbarung getroffen, die von beiden Parteien unterzeichnet wurde“, sagte EU-Sprecher Dragan Gasić. Die EU könne nun weitere sechs Monate in der Stadt bleiben.

Der Vereinbarung zufolge soll der Stadtrat am 15. August zusammentreten, um einen gemeinsamen Bürgermeister zu wählen. Während als Bürgermeister ein Kroate gewählt werden soll, wird der Vorsitzende des Kantons Neretva, zu dem Mostar gehört, ein Muslim sein. In dem Abkommen einigten sich Kroaten und Muslime auch darauf, voll mit dem EU-Sondergesandten und seiner Mission zusammenzuarbeiten. Das zuständige Gericht der muslimisch-kroatischen Föderation soll zudem in einem Schnellurteil die Rechtsmäßigkeit der Kommunalwahlen vom 30. Juni entscheiden. Diese wird von den knapp unterlegenen Kroaten angefochten.

Der EU-Sondergesandte Martin Garrod („Es war sehr schwer, und wir hatten einige schlaflose Nächte“) sprach von einer „sehr guten Nachricht“. Er erwarte, daß nun der ursprüngliche Plan der EU für Mostar bis zum Jahresende umgesetzt werden könne. Die Europäische Union, die Mostar seit 1994 verwaltet, hatte mit ihrem Rückzug aus der herzegowinischen Hauptstadt gedroht, falls die Kroaten den Boykott des Stadtrats aufrechterhielten.

Der kroatische Bürgermeister von West-Mostar, Mijo Brajkovic, und sein muslimischer Amtskollege aus dem Ostteil der Stadt, Safet Orucevic, begrüßten die Einigung ausdrücklich. „Das Schicksal der Stadt Mostar ist aufs Engste mit dem des Föderationsprojekts in Bosnien verbunden“, sagte Orucevic. Bundesaußenminister Klaus Kinkel hat die Verständigung begrüßt, zugleich aber die „wortgetreue und umgehende Umsetzung“ der Vereinbarung angemahnt. Der Kompromiß habe Bedeutung „über die Stadt hinaus“, betonte Kinkel. Er deutete an, daß deutscher Druck zu dem Ergebnis beigetragen habe: Den Kroaten sei deutlich gemacht worden, „daß ihre Mitarbeit an einer Lösung politisch klug wäre“.

Noch gestern morgen hatten die Kroaten einen Halbsatz des Abkommens abgelehnt, in dem festgelegt war, wann der gemeinsame Stadtrat zusammentritt. Die Weigerung der Kroaten, das Wahlergebnis anzuerkennen, hatte den Friedensprozeß für ganz Bosnien- Herzegowina gefährdet. gb