Kapitalismus, alte Schule

■ Arbeitsgericht stoppt Bargteheider Firma bei ihrer Anti-Betriebsrat-Kampagne

Auf ihrem Weg in einen Kapitalismus der alten Schule ist die Bargteheider Firma Getriebebau Nord vom Lübecker Arbeitsgericht gestoppt worden. Unter Androhung einer Geldstrafe von 500.000 Mark untersagte das Gericht dem Unternehmen, mit einer geplanten Mitarbeiter-Befragung zur Absetzung des Betriebsrates zu beginnen.

Die Geschäftsführung hatte dem Betriebsrat nach Gewerkschaftsangaben in der vergangenen Woche gedroht, wenn er nicht zurücktrete, werde die Firma mehr als 100 Arbeitsplätze abbauen. Dadurch sollte der Betriebsrat „gefügig“ gemacht und dessen Zustimmung zu einer unentgeltlichen Arbeitszeitverlängerung von wöchentlich drei Stunden erreicht werden.

Gegen die von der Firma dazu geplante Befragung der Mitarbeiter sei der Betriebsrat nun vor Gericht erfolgreich gewesen; die Aktion wurde abgeblasen. Der geschäftsführende Inhaber des mit 420 Beschäftigten fünftgrößten Arbeitgebers im Kreis Stormarn, Gustav-Adolf Küchenmeister, sitzt dem Verband der Maschinenarbeitgeber Nord vor. Für eine Stellungnahme war der Unternehmer gestern nicht erreichbar.

Erst im Juni diesen Jahres hatte die Firma Ludwig Schokolade in Quickborn versucht, durch die Androhung von Produktionsverlagerungen eine Reihe tarifvertraglicher Vereinbarungen zu streichen. Das Unternehmen des kürzlich verstorbenen Kunstsammlers mit Stammhaus in Aachen und einem Gewinn von rund 19,5 Millionen Mark im vergangenen Jahr wollte unter anderem zwei Stunden Mehrarbeit wöchentlich und drei Tage weniger Jahresurlaub ohne Lohnausgleich sowie den Wegfall sämtlicher Überstundenzuschläge durchsetzen. Überdies hatte das Unternehmen seinen Austritt aus dem Arbeitgeberverband erklärt, ist nach Gewerkschaftsangaben jedoch weiterhin an die geltenden Tarife gebunden. Stefanie Winter