Weitere Streiks wegen Ladenschluß

■ Gewerkschaft HBV und Unternehmer in Berlin lehnen Tarifabschluß ab. Freizeitausgleich für Spätarbeit umstritten

Noch etwa zwei Wochen müssen die Berliner KonsumentInnen mit Streiks rechnen, die den Einkauf behindern. Gestern morgen öffnete die Hertie-Filiale an der Schöneberger Hauptstraße eine Stunde später, und auch in den kommenden Tagen will die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) Warnstreiks abhalten. Der rheinland- pfälzische Tarifabschluß zu den längeren Ladenöffnungszeiten und dem entsprechenden Lohn sei für Berlin nicht akzeptabel, meint auch der Verband des Berliner Einzelhandels.

„Der Abschluß liegt deutlich unter dem, was wir für Berlin anstreben“, erklärte HBV-Sekretär Ottwald Demele. Und der Geschäftsführer des Unternehmerverbandes, Niels Busch-Petersen, pflichtete bei: „Die Pfälzer können besser kochen als verhandeln.“ Der Streit an der Spree dreht sich vor allem um die von den rheinland-pfälzischen TarifpartnerInnen vereinbarten Zuschläge für längere Abend- und Samstagsarbeit. Wenn VerkäuferInnen zwischen 18.30 und 20.00 Uhr oder am Samstag nach 14.00 Uhr hinter der Ladentheke stehen, werden zwanzig Prozent dieser Zeit mit Freizeit ausgeglichen. Wer regelmäßig bis zum späteren Ladenschluß arbeitet, kann dann einen oder zwei zusätzliche freie Tage im Monat nehmen. Für HBV-Sekretär Demele ist das ein Schritt in Richtung auf die Viertagewoche – allerdings ein zu kleiner. Er fordert einen größeren Freizeitausgleich von sechzig Prozent für Spät- und Samstagsarbeit. Die Konkurrenz zur HBV, die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft DAG, ist kompromißbereiter: Zwanzig Prozent reichen ihr aus.

Die HBV-Forderung läßt den Unternehmern die Nackenhaare zu Berge stehen. Im vergangenen Jahr sei der Umsatz der Geschäfte um durchschnittlich sechs Prozent gesunken, meint Busch-Petersen. Wie solle man da den zusätzlichen Freizeitausgleich finanzieren?

Ein rotes Tuch für die Unternehmen sind auch verschiedene Ausnahmeregelungen des süddeutschen Tarifs. VerkäuferInnen brauchen zum Beispiel nicht abends zu arbeiten, wenn es in dieser Zeit keine geeigneten Busverbindungen nach Hause gibt. Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 20. August angesetzt. Hannes Koch