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: Bayern will abends nicht fensterln

Die bayerische Staatsregierung versucht, die spärlichen Vielfaltsregeln der künftigen Rundfunkordnung weiter aufzuweichen: Bei der Abfassung der Staatsverträge der Bundesländer waren die Vertreter aus Leo Kirchs Heimat am Dienstag erneut bemüht, noch strittige Punkte so zu formulieren, daß sie die Medienkonzerne möglichst wenig berühren. Streit gab es vor allem um die sogenannte Fensterregelung, nach der ein TV-Sender, der dauerhaft mehr als zehn Prozent aller ZuschauerInnen erreicht, künfig „unabhängige Dritte“ mitsenden lassen muß. Nach dem Staatsvertragsentwurf der Ministerpräsidenten soll bei RTL und Sat.1 (die beiden beträfe es derzeit) bald auch in der prime time gefensterlt werden – eine Stunde pro Woche. Das ist den Bajuwaren zuviel: Sie wollen statt dessen, daß die Regionalsendungen der großen Sender als unabhängige Fenster durchgehen.

„Die Schmarotzer“, wie RTL- Chef Helmut Thoma unabhängige Fernsehanbieter wie z. B. Alexander Kluge zu nennen pflegt, sind den großen Sendern schon lange ein Dorn im Auge. „An dieser Schraube wird noch immer heftig gedreht“, erklärte Chefmedienwächter Thomas Kleist Ende Juli der taz. Von der Formulierung hänge es ab, ob es überhaupt noch Vielfaltssicherung geben wird. Ein anderer Streitpunkt ist das Auswahlverfahren. Die Ministerpräsidenten hatten sich Anfang Juli weitgehend auf einen Kompromißvorschlag geeinigt, nach der die Medienanstalt die Bewerber für das Fenster prüft und sich der Hauptveranstalter anschließend drei aussucht. Unter denen darf wiederum die Medienanstalt entscheiden, wer die Lizenz bekommt. Bayern favorisiert nun eine Lösung, nach der die Sender das Vorschlagsrecht für drei Fensterkandidaten bekommen. Am 19.August wollen sich die Staatskanzleichefs einigen – damit die neuen Gesetze ab 1997 gelten, müssen sie noch im Herbst von den Landtagen verabschiedet werden. Lutz Meier