CDUler wollen Enkel einbürgern

■ Rupert Scholz legt ein Reformmodell vor: Deutsche Staatsbürgerschaft für Ausländer in der dritten Generation

Bonn (taz) – Die CDU ist auf dem Weg zu einem liberaleren Staatsangehörigkeitsrecht – heimlich, still und leise. Hinter verschlossenen Türen hat der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Rupert Scholz, ein Reformmodell vorgestellt, das vorsieht, die Kinder der dritten Generation von Ausländern einzubürgern. Damit sind alle Kinder gemeint, deren Eltern und Großeltern dauerhaft in Deutschland gelebt haben.

Mit dieser Initiative reagiert Scholz auf einen im Juni von drei jungen CDU-Bundestagsabgeordneten initiierten und von 150 CDU-Mitgliedern unterzeichneten Reformaufruf, der von den Parteioberen heftigst kritisiert worden war. Sie hatten in Deutschland geborenen Kindern ausländischer Eltern mit der Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit verleihen wollen, wenn ein Elternteil dauerhaft und rechtmäßig hier lebt.

Die erste Reaktion von Schäuble und Co. auf die Initiative der sogenannten jungen Wilden Peter Altmaier, Norbert Röttgen und Eckart von Klaeden ließ nichts Gutes für eine Verwirklichung von Reformideen erwarten. Innenminister Manfred Kanther und der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Erwin Marschewski, taten die jungen Abgeordneten als aufmüpfig und profilierungssüchtig ab. Wolfgang Schäuble, der noch versucht hatte, die öffentliche Präsentation des Reformaufrufs zu verhindern, rüffelte die im CDU-Jargon „Jungtürken“ genannten Abgeordneten dafür, daß sie gegen die parteiinternen Spielregeln verstoßen hätten, indem sie den Konflikt nach außen getragen hätten.

Völlig unversöhnlich hatte sich auch die CSU gezeigt: So kritisierte Wolfgang Zeitlmann die Vorschläge als „vollkommen inakzeptabel“ und ließ sich zu der Bemerkung hinreißen, man solle den Initiatoren „mit der Gartenschere die Eier abschneiden“.

Doch intern mahlen die Mühlen zugunsten der Reformwilligen. Eine Kommission unter dem Vorsitz von Generalsekretär Peter Hintze wurde gegründet. Mitglieder sind unter anderem der Chef des Bundeskanzleramts, Friedrich Bohl, Innenminister Manfred Kanther, Rupert Scholz, Erwin Marschewski und Peter Altmaier. In diesem Kreis scheint selbst Marschewski Kreide gefressen zu haben. Er sieht offenbar ein, daß der Zug der Liberalisierung des Staatsangehörigkeitsrechts nicht aufzuhalten ist. Vor allem fürchtet er eine langwierige öffentliche Diskussion, die den Parteien rechts von CDU und CSU Zulauf bringen könnte. Manfred Kanther sträubt sich zwar vehement gegen jegliche Liberalisierung des Staatsangehörigkeitsrechts, ist damit aber innerhalb der Kommission isoliert.

Das Kompromißmodell des ehemaligen Justizministers Rupert Scholz hat dabei durchaus Aussicht auf Erfolg – vor allem weil eine Einbürgerung ab der dritten Generation möglicherweise selbst die CSU schlucken könnte. Der CSU kommt vor allem entgegen, daß Scholz eine doppelte Staatsbürgerschaft ausschließen will. Die Eltern der Neugeborenen müßten sich verpflichten, neben dem deutschen keinen anderen Paß zu beantragen. Die jungen Abgeordneten hatten vorgeschlagen, daß sich die Betreffenden bis zu ihrem 21. Lebensjahr für eine Staatsbürgerschaft entscheiden sollten. Scholz will diese Entscheidung bereits im 18. Lebensjahr. Außerdem soll die Einbürgerung nicht automatisch, sondern nur auf Antrag der Eltern erfolgen.

Große Teile der CDU scheinen gewillt, den Kompromiß mitzutragen. Viele sind vor allem bestrebt, die Debatte um das Staatsangehörigkeitsrecht nicht zum bestimmenden Thema ihres Parteitags im Oktober zu machen und einen Antrag der jungen Abgeordneten zum Staatsangehörigkeitsrecht zu verhindern. Am 23. September ist Antragsschluß. Bis dahin, so vermuten Insider, müssen die 150 Initiatoren des alten Antrags zumindest mit dem Versprechen eines Reförmchens besänftigt worden sein. Markus Franz