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Wächst mit dem Amt

■ Bundeswehrverband im Small-Talk mit Henning Scherf, Bremens oberstem Kriegsdienstverweigerer

Ja der lange Henning. Unser alter Kriegsdienstverweigerer, Pazifist, Bürgermeister. „So wächst man mit dem Amt,“ hat Stabsbootmann Reiner H. Lohse analysiert. Gestern traf sich Henning Scherf mit Funktionären des Deutschen Bundeswehr-Verbandes, Landesverband Niedersachsen/Bremen. Der Bundeswehr-Verband ist so etwas wie der Beamtenbund für Soldaten, oder besser: die Soldaten-Lobby. Die Soldaten waren schwer beeindruckt vom Bürgermeister: Eineinhalb Stunden Gespräch über Gott und die Bundeswehr, doll war das! Und keinerlei „Soldaten-sind-Mörder“-Button am Revers; dafür jede Menge Verständnis und das Top-Angebot, daß er weiter ansprechbar ist für die Sorgen der Soldaten. „Respekt! Bei der Biographie!“ bekundete Hauptmann Helmut Meyer, ehrenamtlicher Landesvorsitzender, im Hauptberuf im „Zentrum für Nachwuchsgewinnung Nord“ in Hannover tätig.

Der Bundeswehr-Verband ist keine Gewerkschaft. Schon weil Soldaten nicht streiken dürfen. Das hat den Vorteil, daß keine Streickasse zu füllen ist. Darum sind die Mitgliedsbeiträge, aus denen allein sich der Verein finanziert, niedrig. Die 40.000 organisierten Wehrpflichtigen zahlen einmalig 20 Mark, alle anderen Mitglieder, insgesamt eine Viertel Million (!), sind mit neun Mark im Monat dabei. Sie dürfen mit einer Alterssicherung rechnen oder auch mit Rechtsschutz in den üblichen Fällen (Kameradendiebstahl, Beihilfestreitereien etc.). Und noch etwas erwartet sie: eine Vertretung ihrer „ideelen Interessen“.

Dabei geht es um Ideen, Ideale, Image. Soll – zum Beispiel – die Bundeswehr eine Berufsarmee werden? Der Verband rät: Abwarten und Tee trinken. Rußland beäugen. Solange da ein Pulverfaß steht, brauchen wir 700.000 Mobilisierbare für die Landesverteidigung. Henning Scherf riet in der Lobbyrunde zum Nachdenken über den Auftrag der Bundeswehr. Wieder so ein Satz, den die Soldaten klasse fanden: „Mit der Position kann ich gut leben,“ freute sich der Hauptmann.

Ideelles, Image: Natürlich spürt der Bundeswehrverband, daß sich was tut seit Jugoslawien. Der Einsatz brachte enormen Imagegewinn, selbst im Bremer Rathaus. Der Bürgermeister habe seinen Respekt für die Soldaten im Auslandseinsatz gezeigt, berichtete Stabsbootmann Lohse. Und noch eine ideelle Idee: Frauen in die Bundeswehr. Ist der Verband schon seit zehn Jahren für. Immerhin ist die Personalknappheit beim Bund schon so spürbar, daß etwa die Bremer Scharnhorst-Kaserne ihre Tore von einer privaten Wachmannschaft schützen läßt. Leider ist das so gesehen eine Lückenbüßer-Diskussion, und „den Braten riechen die Frauen,“ hat Meyer erfahren.

Reden, Pressetermin, Essen, und schon zog Hauptmann Meyer weiter. Er muß durchs ganze Land, will alle Minister Niedersachsens und alle Senatoren Bremens mal besuchen. Demnächst sind Nölle und Perschau dran. Ob es da auch so harmonisch zugehen wird wie beim obersten Bremer Pazifisten? BuS

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