Kommentar – vgl. „Zur Person“
: Klar von Scherf

■ Bürgermeister untaktisch, aber ehrlich

Bremens wirtschaftliche Lage ist verzweifelt. Das Land ist pleite und ohne weitere Milliardenhilfe von außen nicht mehr überlebensfähig. Die Nachricht kennt in Bremen inzwischen jedes Kind. Nur aussprechen darf man sie nicht. Jedenfalls nicht dann, wenn man zufällig der Bürgermeister der kaputten Stadt ist und in Bonn jemand zuhört. So die gestrenge Mahnung des CDU-Landesvorsitzenden und Hauptstadt-Parlamentariers Bernd Neumann an die Adresse von Henning Scherf.

„Überzeugung macht unfruchtbar“, möchte man Neumann mit den 60 Jahre alten Worten von Walter Benjamin zurufen. Hier übertreibt der begnadete Taktiker des Bonner Parketts. Denn wenn Bremen schon sonst nichts mehr zu bieten hat, zumindest mit Ehrlichkeit kann das kleinste Bundesland noch Punkte machen. Völlig nutzlos wäre sonst das größte Talent des Bremer Bürgermeisters vertan: ohne Rücksicht auf Verluste ein klares Wort zu sprechen und dazu die Arme einladend ganz weit aufzuhalten.

Im übrigen übersieht Neumann, daß sein Parteifreund und Finanzsenator Ulrich Nölle bereits seit Wochen genau das Gleiche sagt wie Scherf: Ohne weitere Milliardenhilfe kommt Bremen nicht über die Runden. Nur spricht Nölle dabei in Schnörkeln und nennt es zum Beispiel „Negativtilgung“, wenn er noch mehr Schulden macht.

Dirk Asendorpf