Riechen, schmecken, schließlich weiterleiten

■ Wenige Kontrollen mit hoher Fehlerquote: Deutsche Veterinäre und Importeure können Antibiotika und Hormone in importierten Garnelen „nicht ausschließen“

Die Folgen der „blauen Revolution“ in Asien haben sich auch in Europa herumgesprochen. Antibiotika wie das in der EU verbotene Chloramphenicol, das Bovine Sumatotrope Hormon aus der Milchwirtschaft und Östrogene sollen die asiatischen Garnelenfarmer in ihre Zuchtbecken kippen. „Darüber haben wir aber bislang keine Erkenntnisse“, sagt Eberhard Haunhorst, der als Tierarzt beim Bremer Veterinäramt für die Kontrolle der Fischimporte aus Thailand und den anderen Staaten außerhalb Europas zuständig ist.

Seine Erkenntnis wundert nicht. Lebensmittelkontrolleure prüfen die nach Deutschland importierten Meerestiere nur stichprobenartig und bei begründetem Verdacht auf Antibiotika oder Hormone. Das Gesetz schreibt nur eine „sensorische Kontrolle“ vor: Die Veterinäre riechen an den toten Tieren, kosten ein wenig und schmecken, ob die Ware verdorben ist. Nur in zwei Prozent aller Fälle schicken die Bremer Vorkoster die Meerestiere zur chemischen oder mikrobiologischen Analyse ins Labor. Und auch dann haben die Garnelen gute Chancen, nicht beanstandet zu werden: Die Chemiker überprüfen sie nur auf bekannte Chemikalien. „Die Standards eben“, sagt Haunhorst. Wachstumsfördernde Hormone können zudem fast nicht nachgewiesen werden. Denn sie basieren auf Eiweißen, die sich im dreimonatigen Leben der Garnelen in deren natürliche Eiweißstrukturen integrieren. „Wir können nicht ausschließen, daß die Stoffe in der Garnele sind“, sagt Veterinär Haunhorst. „Antibiotika sind ebenfalls nicht auszuschließen“, sagt ein Garnelen-Großimporteur aus Hamburg.

Aufgeschreckt sind Importeure und staatliche Veterinäre in allen Bundesländern, seitdem die asiatischen Garnelen unter dem Verdacht stehen, radioaktiv bestrahlt zu werden. In Bremen wie in Schleswig-Holstein wollen die Veterinäre in Zukunft Stichproben daraufhin untersuchen. Bei über 10.000 Tonnen aus Asien importierter Garnelen allein im vergangenen Jahr dürfte ihnen auch hier eine stichhaltige Analyse schwerfallen. Vor sechs Jahren waren es nur 7.000 Tonnen, und der Boom der asiatischen Riesengarnele in Europa ist ungebrochen.

Seit zwei Jahren ist zudem zu beobachten, daß tonnenweise asiatische Riesengarnelen via Belgien und Holland nach Deutschland kommen. Dort sind verstrahlte Lebensmittel im Gegensatz zu Deutschland legal. Da die Importrichtlinien der EU lediglich vorsehen, daß Waren aus Nicht-EU- Ländern untersucht werden, flutschen die holländisch-asiatischen Garnelen durch die deutschen Kontrollen: Die Niederländer haben die Ware ja bereits untersucht.

Deutsche Garnelenimporteure weisen Kritik an ihrer Massenware zurück. Die Zuchtbetriebe in Thailand, China oder Indonesien seien von der EU-Kommission geprüft und nach deren hohen Kriterien zugelassen. „Kann nicht sein“, sagt Haunhorst. Die EU-Veterinäre könnten höchstens zehn Prozent der Garnelenfarmen in den asiatischen Ländern kontrollieren. Zu den anderen kommen sie erst, wenn ihre Ware in Europa als besonders schlecht aufgefallen ist. Ulrike Fokken