Zur Hochzeit nix wie weg

Immer mehr Paare heiraten im Ausland. Das ist exotischer, oft unbürokratischer und kann im Reisebüro problemlos gebucht werden  ■ Von Kareem van Gennip

Heiraten ist Streß, und das hat sich heutzutage herumgesprochen. In einer Zeit, in der der Lebenspartner zum Lebensabschnittspartner geworden ist, ist auch das Interesse an der Ehe stetig gesunken: Gingen 1992 noch 453.428 Paare zum Standesamt, so waren es 1995 nur noch 430.400.

In den letzten Jahren entwickeln die immer noch Heiratslustigen Strategien, um Familie und Bürokratie zu umgehen und ihren Hochzeitstag wunschgemäß zu gestalten. Beispielsweise heiraten im Ausland. Die Attraktivität der Auslandshochzeit haben nicht nur junge Paare entdeckt, sondern auch die Touristikindustrie. Mit exotischen, luxuriösen und originellen Angeboten versuchen Reiseveranstalter ihren Anteil am neuen Markt zu sichern. Nichts ist unmöglich: Kenia, Sri Lanka, Bali, die Dominikanische Republik, die Cook-Inseln, Jamaika, Südostasien, Barbados, Hawaii und natürlich Las Vegas und Reno. Auch Dänemark ist populär.

Im touristischen Hochzeitspaket gibt es viele besondere Leistungen, aus denen man auswählen kann: Wie wär's mit einer Heirat auf einem Elefanten, am Strand, auf einem Fischkutter, mit Videoaufnahmen, einem Candle-light-Dinner, einem Sunset Cruise, traditionellen TänzerInnen, einer streched Limousine oder einem Helikopterflug und nachher einer Massage? Wenn Ihnen das nicht genügt: Auch individuelle Wünsche werden erfüllt.

Wie viele Paare tatsächlich im Ausland heiraten, kann nicht genau ermittelt werden. Viele Reiseveranstalter erfassen die Hochzeitsbuchungen nicht getrennt oder wollen die Zahlen nicht nennen. Viele Paare buchen nur eine Fernreise und organisieren die Auslandshochzeit selbst. Trotzdem gibt es eindeutige Hinweise. Die Standesämter einiger Städte (Hamburg, Berlin, München, Frankfurt) bestätigen, daß die Zahl der ausgestellten Ehefähigkeitszeugnisse in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Dieses Dokument braucht man allerdings nur in den wenigsten Hochzeitsländern. Meistens sind weniger Papiere erwünscht. Peter Jachwitz vom Standesamt Berlin-Wilmersdorf: „Das Heiraten im Ausland hat erheblich zugenommen.“ In vielen deutschen Städten werden jährlich ein paar hundert Ehefähigkeitszeugnisse beantragt, und die Zahl wächst. Sigrid Sommer, deutsche Honorarkonsulin in Las Vegas, die deutsche Paare mit der Beglaubigung der amerikanischen Heiratsurkunde versorgt, bestätigt, daß „1995 allein schon in Las Vegas ungefähr 1.100 bis 1.200 deutsche Paare geheiratet haben. Die Zahlen anderer amerikanischer Städte müssen noch dazugezählt werden.“ Und schließlich bestätigt auch Claus Chalas von der Dänischen Kommunal-Cooperative (DKC) in Mainz (einer Service- und Beratungsstelle, die Blitzhochzeiten in Dänemark organisiert), daß „die Zahl der Eheschließungen in Dänemark jährlich um einige hundert steigt“. Eine vorsichtige Schätzung ergibt somit, daß jährlich mindestens 10.000 bis 15.000 Paare im Ausland heiraten. Wahrscheinlich liegt die Zahl jedoch eher höher.

Bernd Rimele, Pressesprecher der TUI, bestätigt, daß vor allem die Karibik populär ist. „Die heutige Mobilität macht alles möglich.“ Standesbeamte weisen darauf hin, daß es wichtig ist, sich frühzeitig vor der Reise über die geltenden Regelungen zu informieren, damit vor Ort im Ausland oder hinterher in Deutschland keine Probleme entstehen. Anke Wehner, Standesbeamtin in Berlin- Mitte: „Es ist unbedingt notwendig, sich immer bei der Auslandsvertretung des Landes und beim eigenen Standesamt zu informieren, was gefordert wird und wie die Prozedur genau ist. Regelungen verändern sich nämlich.“

In manchen Ländern, etwa Kalifornien und Nevada (Las Vegas), braucht man nur den Reisepaß (und gegebenenfalls ein Scheidungsurteil). In Dänemark, auf einigen Karibikinseln und in anderen Ländern werden Reisepaß, Geburtsurkunde und Meldebestätigung oder Aufenthaltsbestätigung gefordert. In Ländern wie Sri Lanka ist zudem das Ehefähigkeitszeugnis notwendig. In den meisten Ländern gibt es eine Mindestaufenthaltsregelung. Das Paar muß sich mindestens zwischen zwei und vierzehn Tage im Hochzeitsland aufhalten. Zudem muß man einige Tage vor der Hochzeit im Land sein. Nur in Las Vegas, Reno und in „Notfällen“ auch in Dänemark ist das nicht der Fall. In den exotischen Ländern müssen die erforderlichen Papiere schon einige Tage bis zu einigen Wochen vor der Hochzeit beim Standesamt vorliegen. Nach der Hochzeit muß die Heiratsurkunde durch einen beglaubigten Übersetzer ins Englische übersetzt werden und schließlich durch die deutsche Auslandsvertretung beglaubigt werden. Wenn Sie ein Hochzeitspaket buchen, übernimmt meistens der Reiseveranstalter diesen Papierkram. Trotzdem ist es ratsam, sich vorher gut zu informieren.

Die Frage, ob Auslandshochzeiten zu glücklicheren Ehen führen oder ob diese Ehen überproportional oft mit einer der stetig zunehmenden Scheidungen enden, kann hier nicht beantwortet werden. Aber man kann wohl davon ausgehen, daß Dieter Bohlen und Verona Feldbusch, die sechs Wochen nach ihrer Las-Vegas-Hochzeit die Scheidung eingereicht haben, hier eher die prominente Ausnahme bilden.

Liste einiger Reiseveranstalter zum Thema „Heiraten im Ausland“:

TUI, Karl-Wiechert-Allee 23; 30625 Hannover, Tel. (0511) 5670, Hochzeitspaket u.a. für Jamaika, Barbados, Antigua, Kenia und Bali

Jahn Reisen, Elsenheimer Str. 61, 80687 München, Tel. (089) 57900, Hochzeitspaket nach Las Vegas

Danische Kommunal-Cooperative, Boelckestraße 68, 55252 Mainz, Tel. (06134) 26907, Beratung für Blitzhochzeiten in Dänemark

CA-Ferntouristik, Nymphenburger Str. 1, 80335 München, Tel. (089) 5455061, Hochzeitspakete für Hawaii und die Cook-Inseln

Deutsche Honorarkonsulin Sigrid Sommer, 925 E. Desert Inn, Suite C, Las Vegas, Nevada 89109, Tel. (001) 702-7349700, Fax (001) 702-7354692, nennt Voraussetzungen und besorgt die amerikanische HeiratsurkundeFoto: AP