USA: Diskriminierung von Scientologen in Bayern

■ Washington und Bonn bewerten Arbeit der Sekte unterschiedlich. US-Repräsentantenhaus plant Resolution gegen Einschränkung der Religionsfreiheit

Bonn/Washington (AP/AFP) – Das strikte Vorgehen Bayerns gegen Mitglieder der Scientology-Sekte stößt in den USA auf Befremden. Das bestätigten gestern Regierungssprecher in Bonn. Bislang habe die amerikanische Regierung ihren Unmut aber noch nicht formell geäußert. Regierungssprecher Herbert Schmülling sagte, wenn es richtig sei, daß die USA die deutschen Vorsichtsmaßnahmen gegen Scientology als Menschenrechtsverletzungen betrachteten, „dann haben die USA eine andere Einstellung zu der Sekte als wir“.

Eine Sprecherin des US-Außenministeriums hatte in Washington von einer Diskriminierung der Scientologen in Deutschland gesprochen. Sie nahm damit Bezug auf ein am Donnerstag bekanntgewordenes Vorhaben der bayerischen Landesregierung. In Bayern sollen ab dem 1. November alle Bewerber für den öffentlichen Dienst nach der Mitgliedschaft bei Scientology befragt werden. Beamte, Angestellte und Arbeiter, deren Mitgliedschaft bekannt ist, werden auf Pflichttreue überprüft. Die Berliner CDU forderte gestern den Senat der Hauptstadt auf, sich der bayerischen Initiative anzuschließen. Zugleich bezog sich die Sprecherin des US- Außenministeriums auf einen Boykottaufruf der Jungen Union. Die CDU-Nachwuchsorganisation hatte am Donnerstag in verschiedenen deutschen Städten zum Boykott des Kinofilms „Mission: Impossible“ aufgerufen, da Hauptdarsteller Tom Cruise Scientology-Mitglied ist. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes bestätigte gestern, daß es im US-Repräsentantenhaus einen Resolutionsentwurf zum deutschen Umgang mit Scientology gebe, der dem Auswärtigen Amt aber nur „informell“ vorliege und zu dessen Inhalt er nichts sagen könne. Er fügte hinzu, daß davon auszugehen sei, „daß er mit unserer Position nicht übereinstimmt“.

Bereits im Juli hatten sich Mitglieder des US-Repräsentantenhauses bei Außenminister Warren Christopher über die deutsche Haltung zur Scientology-Sekte beschwert. Schon in seinem Menschenrechtsbericht von 1995 hatte das US-Außenministerium eine Diskriminierung der Scientologen in Deutschland angeprangert. Die US-Regierung betrachtet die Sekte als eine Glaubensgemeinschaft wie andere auch. Seiten 4 und 10