Raucher-Klagen hierzulande ohne Chance

■ US-Tabakkonzern bietet Verzicht auf Automaten an

Berlin (taz) – Raucher und Raucherinnen sind in der Bundesrepublik mit Schadenersatzklagen gegen Tabakkonzerne bislang nicht durchgedrungen. „Uns sind keine derartigen Fälle bekannt“, sagte Anwalt Stefan Rizor von der auf Produkthaftungsfälle spezialisierten Kölner Kanzlei Graf von Westphalen gestern der taz. Zwar habe der Bundesgerichtshof in den vergangenen Jahren die Hersteller von gesüßten Kindertees zu schärferen Warnhinweisen auf den Produktpackungen verurteilt. Das stehe bei Zigaretten aber derzeit nicht an, schließlich finde sich auf jeder Packung schon heute ein Hinweis, daß Rauchen die Gesundheit gefährde.

In den USA haben die Tabakkonzerne in den vergangenen Jahren mit großem Einsatz versucht, Schadenersatzurteile wie das am Freitag in Florida ergangene, zu verhindern. Hunderte von Anwälten sind nur damit beschäftigt, solche Klagen von RaucherInnen und Gesundheitsbehörden abzuwenden. Das Urteil vom Freitag ist seit 1988 die erste Entscheidung, bei der einem Raucher Schadenersatz gewährt wurde.

Weil aber in den vergangenen Monaten eine Reihe von internen Dokumenten der Tabakkonzerne aufgetaucht sind, die zu belegen scheinen, daß die Konzernleitungen schon Anfang der fünfziger Jahre über die Krebsgefahr für RaucherInnen Bescheid wußten, fühlen sich klagende RaucherInnen im Aufwind. Derzeit werden sie und klagewillige Gesundheitsbehörden mit Angeboten von Staranwälten geradezu überschüttet, die sich einen netten Anteil an möglichen Schadenersatzzahlungen versprechen.

Im Juni hat der Vorstandvorsitzende von Philip Morris, James Morgan, eine Werbekampagne zur Rettung der Zigarettenindustrie begonnen. Morgan offerierte ein Verbot von Zigarettenautomaten an öffentlichen Plätzen. „Kinder sollten keinen Zugang mehr zu Tabak haben“, meint der Chef des weltgrößten Tabakkonzerns in der Los Angeles Times. „Wir sind uns alle einig, daß Kinder nicht rauchen sollten.“

Deswegen wolle sein Konzern auch Hüte und T-Shirts mit Tabakwerbung verhindern, die Tabakwerbung aus dem öffentlichen Nahverkehr entfernen und Plakatwände mit Zigarettenwerbung nicht näher als 350 Meter an Schulen und Spielplätze heranrücken, so Morgan weiter. Die übriggebliebenen Plakatwände sollen künftig nur noch Schwarz auf Weiß für die Glimmstengel werben dürfen.

Philip Morris reagierte mit dem Vorstoß auch auf Beschwerden der Clinton-Regierung, die Konzerne würden gerade Kinder und Jugendliche zum Rauchen verführen. Die Zahl der jugendlichen RaucherInnen sei von 17,2 Prozent im Jahr 1992 auf 21,6 Prozent im vergangenen Jahr angestiegen. ten