Das Unternehmen Uni-Institut floriert

■ Forschungsstelle für Umweltpolitik an Berliner FU hängt nicht am Steuertropf

Berlin (taz) – Am Anfang war Tschernobyl. Weil nach der Reaktorkatastrophe in der Ukraine bei Bonner Politikern guter Rat teuer war, konnten Martin Jänicke und Lutz Mez in die Lücke stoßen. Gemeinsam mit dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung und dem Öko-Institut schrieben sie dem Wirtschaftsminister ein dickes Gutachten. Tenor: Der Ausstieg aus der Atomenergie ist machbar.

Jänicke, Professor für Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin, und Mez, dort wissenschaftlicher Mitarbeiter, hoben die Forschungsstelle für Umweltpolitik (FFU) aus der Taufe. „Der Fachbereich fand das damals gut und hat uns keine Steine in den Weg gelegt. Im Gegenteil: Er hat uns eine halbe studentische Hilfskraftstelle gewährt“, erinnert sich Jänicke. Heute, zehn Jahre später, arbeiten rund 20 Leute in der alten Villa im Universitätsviertel Dahlem, einige mit Doktorantenstipendien, die meisten mit Honorar- und Zeitverträgen.

6.000 Mark Sachmittel bekommt die Forschungsstelle neben dem Haus als Unterstützung. Und der Geschäftsführer wird auch bezahlt. Doch das meiste Geld kommt anderswoher. „Unser Auftragsbestand liegt bei gut zwei Millionen Mark“, berichtet Geschäftsführer Mez. Auftraggeber seien die Deutsche Forschungsgemeinschaft, Ministerien, Gewerkschaften und auch schon mal die Europäische Union.

Inzwischen sei man groß genug, um bei internationalen Aufträgen dabeizusein, so Mez. Eine Datenbank sei aufgebaut, mit der Thesen über die Entwicklung der Umweltbelastung in den Industrieländern in relativ kurzer Zeit empirisch überprüft werden können. Geholfen hätten im internationalen Geschäft auch Kooperationspartner in Dänemark, Schweden, Großbritannien und Japan.

Für den Erfolg haben Jänicke und Mez viele Überstunden geschoben. „Aber wir waren eben auch zur rechten Zeit am rechten Ort“, relativiert Jänicke das Fleißargument. Die sozialwissenschaftliche Politikberatung habe in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen. „Die Auftraggeber in Bonn, Brüssel und den Bundesländern haben gemerkt, daß die volkswirtschaftlichen Modelle, die sie sonst angeboten bekommen, häufig zu weit von der politischen Realität entfernt sind.“

Das Umfeld der Universität ist natürlich auch extrem hilfreich. Und die Kosten für Haus und Geschäftsführer müssen nicht in die Auftragskalkulation mit einfließen. Außerdem kann die FFU den Studierenden zusätzliche Seminare und vor allem Möglichkeiten für praxisrelevante Forschung bieten. Gleichzeitig nutzen Jänicke und Co. das Talent ihrer Studentinnen und Studenten. Häufig genug kann eine Diplomarbeit anschließend als Forschungsbericht veröffentlicht werden.

Der Ausstoß ist beachtlich: Sechs Bücher in zwei Jahren, dazu jede Menge Reports und Studien. Und vor allem Leute: „Unsere Umweltleute kommen einfach sehr gut unter“, so Jänicke. „Man ist ehrlich überrascht, wenn jemand sagt, er ist arbeitslos.“

Irgendwann Anfang der neunziger Jahre wurde das Institut zum Selbstläufer. Neue Büroräume im Berliner Stadtteil Lankwitz kamen dazu.

Jetzt organisiert die FFU einen Nebenfachstudiengang Umweltmanagement. Die studentischen Hilfskräfte werden heute aus den Drittmitteltöpfen bezahlt. „Das geht einfach schneller als der Leidensweg durch die Uni-Instanzen.“ H.-J. Tenhagen