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■ DaumenkinoStriptease

Demi Moore ist ausgerechnet in Roswell, New Mexico, zur Welt gekommen – dem Städtchen also, das unter Ufo-Beobachtern als der Ort gilt, wo Aliens 1947 landeten. Dabei ist alles an ihr geradezu eine Feier des Gewöhnlichen, Prolo-Glamour wie bei Sharon Stone, speziell ihre Vorstellungen davon, was es heißt, ein großer Star zu sein: Sie schickt Paparazzi zur Hölle, die ihren gallisierten Vornamen nicht auf der zweiten Silbe betonen (wie demi-monde!); sie legt auch kleinste Einkaufsfahrten in Limousine und Privatjets mit lärmender Entourage zurück, und sie ließ sich im siebten Monat von Annie Leibovitz nackt für das Cover von Vanity Fair fotografieren – eine Ausgabe, die wegen der heftigen Proteste in England und den USA nur noch mit Pappeinband erschien und selbstverständlich ausverkauft war. Die Geburt dieses, ihres zweiten Kindes, fand vor großem Bahnhof aus Schwiegermutter (!), Bruder, Ehemann, Schwägerin und dreijähriger Tochter Rumer (betonen wie „rumour“, Gerücht?) statt.

Ähnlich wie Stones Karrierestrategie geht Moores auch darin auf, daß die Regisseure sie mit der Nase in ihre Anfänge zurückstecken. Stones größter Auftritt war der als strahlender und dann fallender Hooker in Casino, Demi wird nun in Striptease Nackttänzerin aus Not: Der geschiedenen FBI-Sekretärin Erin Grant soll das Sorgerecht für ihre Tochter entzogen werden, und für die teure Revision muß sie nun eben anschaffen. Bigott wie ein Fernsehprediger, der zur Geißelung von Pornographie Schwulenvideos vorführt, wird hier eine Stripnummer nach der anderen zelebriert für die gute Muttersache: Tanz mir die Jeanne d'Arc! Aber im G-String!

Recherchiert hat Moore für diese Rolle unter anderem im New Yorker „Blue Angel“, dem die Village Voice kürzlich einen Artikel mit dem Titel „Can sex work be self-expression?“ widmete. Euphemismen fallen durch den Aufsatz wie Hemdchen von der Bühne: „Performance“, „Cabaret“, „Kunst“, „Therapie“, „Lila is looking at us looking“, „Empowerment“ (Ermächtigung?!) sind die neuen Namen für den Striptease – der ja, wenn man so will, auch die Ambition auf ein Divasein ausstellt, die aber Stück für Stück aufgegeben werden muß. Im „Blue Angel“ hat Demi sich wahrscheinlich ihre Marlene-Dietrich-Nummer mit Melone ausgeguckt. Die Tochter, um die sie hier in einer gänzlich überflüssigen „Rahmenhandlung“ kämpft, ist wirklich Moores Kind, eben jene oben erwähnte Rumer, die dann – zum Filmschock der Mutter – einmal einem besonders lasziv geratenen Auftritt beiwohnt. Ob die kleine Rumer Counselling hatte während der Dreharbeiten? mn

„Striptease“. Regie: Andrew Bergman

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