Nachgefragt
: Ohne CO2-Ausstoß

■ Gewerbe mit Zukunftsenergien

Im Juli hat die Große Koalition den „Umwelttechnologie-Park“ in der Hemelinger Marsch beerdigt. Statt einem ökologisch ausgerichteten Gewrbegebiet soll nun auf 50 Hektar der „Gewerbepark Hansalinie Bremen“ entstehen – eine prima Adresse für Speditionen und andere Unternehmen mit viel Autobahnverkehr (taz vom 26.7.). Daß es anders geht, wird derzeit in Aachen demonstriert. Dort entsteht ab Frühjahr 1997 auf 100 Hektar das grenzüberschreitende Gewerbegebiet Aachen-Heerlen als „Zukunftsenergie-Park“. Das Ingenieurbüro Horst Kluttig hat ein ökologisches Gesamtkonzept erarbeitet, das die Einrichtung von über 12.000 Arbeitsplätzen ermöglicht ohne dabei das Treibhausgas CO2 freizusetzen.

taz: Ein neues Gewerbegebiet ohne zusätzlichen CO2-Ausstoß – wie ist das möglich?

Horst Kluttig: Die Städte Aachen und Heerlen haben sich durch ihren Beitritt zum Klimabündnis verpflichtet, die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2010 zu halbieren. Da paßt es nicht, mit dem Gewerbegebiet zusätzlichen Energieverbrauch zu schaffen. Aber es gibt auch Möglichkeiten, die Energieversorgung sicherzustellen, ohne auf fossile Energieträger zurückzugreifen: Energieein sparungen sowohl bei der Wärme als auch bei der Elektrizität, effektiver Einsatz der dann immer noch benötigten Energie und der Einsatz von Sonnenenergie, Windenergie und Biomasse. Das Problem bestand gar nicht darin, ein Konzept zu entwickeln, daß CO2-neutral ist. Das ist relativ einfach – die Sonne scheint auch in Mitteleuropa noch so stark, daß man allein damit die Energieversorgung sicherstellen könnte. Das Problem war, ein Konzept vorzulegen, das durchsetzbar und finanzierbar ist.

Das kann doch nur mit gewaltigen Zuschüssen funktionieren. Denn Sonnenenergienutzung ist doch sehr viel teurer als die konventionelle Energieversorgung.

Es sind Fördergelder einge plant, aber es würde auch ohne gehen. Der zentrale Punkt ist eine größere Biogasanlage. Darin werden Bioabfälle aus der grünen Tonne in Aachen verwendet, das sind 20.000 bis 30.000 Tonnen im Jahr. Da das ein Teil der Abfallentsorgung ist, die sowieso finanziert werden müßte, hat man nur sehr geringe Zusatzkosten. So etwas rechnet sich auch ohne besondere Fördergelder.

Können die Gewerbebetriebe dazu gezwungen werden, so zu bauen, wie Sie es wollen?

Das ist möglich – wenn die beteiligten Städte das wollen. Schließlich werden die Grundstücke von den Städten verkauft. Da kann zum Beispiel im Kaufvertrag der Anschluß an ein Nahwärmesystem oder ein bestimmter Dämmstandard vorgeschrieben werden.

In Bremen heißt es immer, solche Auflagen seien nicht möglich, weil das Gewerbe sich sonst im Umland auf der grünen Wiese ansiedeln würde.

Diese Befürchtung wird auch in Aachen geäußert. Andererseits habe ich die Erfahrung gemacht, daß es bei Investoren ein hohes Interesse an Zukunftsenergien gibt. Es gibt eine Menge ökologische Investgruppen, die gerade ein solches Umfeld suchen. Die Zusatzkosten durch Niedrigenergie-Bauweise sind im Vergleich mit den Gesamtinvestitionskosten in einem Gewerbegebiet doch sehr gering.

Sollen denn nur ökologisch orientierte Unternehmen angesiedelt werden?

Nein, es sollen bloß keine Betriebe mit größeren Umweltbelastungen akzeptiert werden. Könnten Sie einen Zukunftsenergie-Gewerbepark auch für Bremen planen?

Ich halte es für sehr realistisch, daß man so ein Konzept auch in Bremen umsetzen kann. In Bremen würde es vielleicht eine stärkere Windenergienutzung geben. Drastische Reduzierungen bei den CO2-Emissionen sind nicht nur überall möglich, sie sind auch überall dringend nötig. Fragen: ase