Kinkel: Keine Hysterie

■ Der Außenminister sieht keinen Grund, der Türkei zu mißtrauen

Bonn/Ankara (AFP) – Außenminister Klaus Kinkel (FDP) hat sich angesichts der Kritik aus dem Westen an der Iranreise des neuen türkischen Ministerpräsidenten Necmettin Erbakan gegen eine „hysterische“ Debatte über den Kurs des Nato-Partners gewandt. Die Bundesregierung sehe keinen Grund, der Türkei unter dem islamistischen Premier zu mißtrauen, sagte Kinkel der Süddeutschen Zeitung.

Erbakan hatte vor wenigen Tagen Teheran als erstes Ziel einer Auslandsreise gewählt. Neue Erdgasgeschäfte der Türkei mit Iran und Irak sorgten für zusätzliche Verärgerung im Westen, insbesondere bei den USA. Der SPD-Außenpolitiker Karsten Voigt forderte die Bundesregierung auf, deutliche Worte an die Adresse Erbakans zu richten.

Die türkische Außenministerin und frühere Ministerpräsidentin Tansu Çiller sagte in Ankara, ungeachtet der Bemühungen ihrer Regierung um engere Beziehungen zu ihren Nachbarstaaten werde die Türkei nicht ihre Beziehungen zum Westen aufgeben. Gleichzeitig verteidigte sie das 30-Milliarden-Mark-Gasgeschäft mit dem Iran.

Ciller will im September nach Bonn kommen. Kinkel sagte, die Normalisierung der Beziehungen zwischen der Türkei und ihren islamischen Nachbarstaaten trage zur Stabilität in der gesamten Region bei.

Voigt hingegen forderte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, die Bundesregierung müsse deutlich machen, daß sie einen möglichen Schwenk in der türkischen Außenpolitik hin zu einer auf der „islamischen Gemeinsamkeit“ basierenden Kooperation mit den arabischen Nachbarn „mit Sorge“ betrachte. Die Reise Erbakans in den Iran bedeute „eindeutig eine Veränderung“ gegenüber der bisherigen türkischen Außenpolitik. Erbakan habe damit einen „programmatischen Hinweis“ auf seinen künftigen Kurs gegeben.