Die amerikanischen Häuser

■ Der Amerikaner Robert Porte gestaltet seine Heimatabstraktionen in Berlin

„Unterwegs“ könnte der bei Jack Kerouac entlehnte Titel dieser Ausstellung heißen, in der privat-mythologische Motive „irgendwo“ aus den USA zu entdecken sind. Tatsächlich lautet der Titel American Houses: multimediale Impressionen, mit denen der in Berlin lebende Performancekünstler Robert Porte seine eigenen, amerikanischen Wurzeln ins Bewußtsein zurückholen will. Zu sehen sind kistengleiche Häusersiedlungen im Einheitsformat; auf abgezirkelten Bodenarrealen gebaut erscheinen sie wie Schrebergarten-Häuschen. Gedichte erscheinen an einer Häuserwand – lyrisch gesammeltes Graffitti mit installiertem Heimatboden: Muttergras und sprachliche Assoziationsfelder.

Die einzelnen Elemente der Installation möchte der Künstler als bruchstückhafte, fragmentierte Roadmovies zwischen North Carolina und New York verstanden wissen. Das erinnert an die assoziativen, schnellen Bilder von Meister Kerouac zwischen Suff und Satori in On the Road: „Hochgewachsene, mürrische Männer beobachteten uns im Vorbeigehen aus Gebäuden mit Stuckfassaden; die Hauptstraße wurde von viereckigen, kistengleichen Häusern gesäumt. Jenseits dieser trüben Straßen sah man die endlosen Ebenen. Ich fühlte etwas ungewohntes in der Luft...“

Die für multimediale Ereignisse zunehmend bekanntere Chaos Art Galeria hat noch ein spezielles Interesse an der Präsentation dieses Künstlers: Ein Videofilm, der auf 5 Monitoren übertragen wird, ist integraler Bestandteil der Installation. Zur Eröffnung wird die einstündige Video-Performance von Musikern begleitet. „Meine Absicht war es, ein persönliches Video über einen Teil meines Heimatlandes zu machen und dabei gleichzeitig eine Atmosphäre aus Geräuschen und Musik zu schaffen, die es jedem Betrachter erlaubt, meine Perspektive einzunehmen“, kommentiert Robert Porte seine Motivation. Für ihn besitzt Deutschland keinen Himmel. Nur in seinem eigenen Hirn existiert der Himmel der Erinnerung, das weite und ewige Firmament Nordamerikas. Ein bißchen viel Pathos – existiert doch bekanntlich sogar ein filmkünstlerisch anerkannter Himmel über Berlin, von einem deutschen Künstler, der ein visueller Wahl-Amerikaner sein könnte. Wim Wenders.

Aber vielleicht ist der Gedanke anders gemeint: durch die räumliche Distanz zur eigenen Herkunft kann auch eine geschichtslose Gefühlskälte entstehen. Heimatlosigkeit als dialektischer Beweggrund soll durch Kunst überwunden werden. Heimat ist sogar als ein mögliches Resultat von künstlerischer Tätigkeit denkbar, die doch das Weite sucht, um in der Fremde den neuen, eigenen Blick zu entwickeln: „I've been living in Berlin-/ Oh, to begin, don't let me begin!/ Instead I'd like to show you where I've been!“ (Robert Porte).

Ein Künstler im Irgendwo, unterwegs zwischen Berlin und Nordamerika oder „Somewhere over the Rainbow“? Suchet, so werdet ihr finden.

Gunnar F. Gerlach

Eröffnung: Sonnabend, 24. August, 18 Uhr, Chaos Art Galeria, Gaußstr. 138, bis 7 September