LandwirtInnen werden langsam nervös

■ Wegen des harten Winters hat sich die Ernte von Getreide und Ölfrüchten verzögert. Die Erträge fallen geringer aus als im vergangenen Jahr, befürchtet der Bauernverband

Die Ernte auf den brandenburgischen Feldern läuft gerade auf Hochtouren. Besonders freuen können sich die Landmaschinenhändler. Denn mancher Bauer zwischen Elbe und Oder hat extra für die Ernte 1996 einen der bis zu 250.000 Mark teuren Mähdrescher gekauft. Ohne die leistungsfähigen Maschinen wäre es kaum möglich, das Getreide rechtzeitig in die Scheuer zu holen. Durch den harten Winter hat sich die Ernte erheblich verzögert. Der Bauernverband Brandenburg befürchtet außerdem, daß die Erträge bei Getreide und Ölfrüchten um einiges niedriger ausfallen als im vergangenen Jahr.

„Ein sehr bescheidenes Ergebnis“ prognostiziert Rudolf Herold, Sprecher des brandenburgischen Bauernverbandes. Die Qualität des geernteten Getreides sei schlechter als im vergangenen Jahr. Nach der nassen Witterung der vergangenen Wochen müßten die Ähren teilweise zu feucht gemäht werden, was hohe Kosten für die Trocknung verursache. Außerdem fielen die Mengen geringer aus, so daß die Landwirte trotz leicht gestiegener Preise finanzielle Verluste erlitten. Optimistischer sind dagegen die staatlichen Landwirtschaftsstatistiker in Potsdam. Der diesjährige Getreideertrag werde im Vergleich zu 1996 sinken, liege aber immer noch über dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre.

Ein beachtliches Ergebnis angesichts des schlechten Starts: Viele Landwirte hatten nämlich das Wintergetreide untergepflügt, weil es nicht rechtzeitig reif geworden wäre. Dennoch: Größere Flächen Sommergetreide können diese Verluste nicht ganz ausgleichen.

Ähnlich wie bei der verspäteten Ernte des Sommergetreides würden die Bauern auch beim Raps „allmählich nervös“, weiß Bauernfunktionär Herold. Erst seien wegen des lang anhaltenden Frosts die Rapsschoten geplatzt, dann habe heftiger Regen die Felder unter Wasser gesetzt. Der Reifeprozess habe sich verzögert, und die Ölfrucht stehe deshalb teilweise noch auf den Feldern. Doch eigentlich müßte die Ernte schon eingebracht und die Saat für den Winterraps in der Erde sein. Bei Ölfrüchten erwartet das brandenburgische Landwirtschaftsministerium nur ein Drittel der Erntemenge des vergangenen Jahres.

Andere Früchte jedoch haben unter den Witterungsverhältnissen nicht gelitten. Bei Speisekartoffeln werden die Bauern und Bäuerinnen den zweithöchsten Ertrag der vergangenen 40 Jahre einfahren. Der Hektar soll 228 Dezitonnen Kartoffeln bringen. Ebenso geht man von einer guten Ernte bei mittelfrühen und späten Sorten von Zuckerrüben aus.

Geradezu ins Kraut schießen derweil verschiedene Gemüsesorten. Während der warmen Tage Mitte August wuchsen zum Beispiel die Gurken im Oderbruch Spreewald sehr schnell. Die Betriebe haben teilweise Mühe, die Früchte rechtzeitig abzuernten. Bei Zucchini werden mittlerweile wahre Prachtexemplare gepflückt. Gemüsebauern des Oderbruch berichten von 50 Zentimeter langen Früchten. Hannes Koch