Kantersiege machen keinen Spaß

Morgen startet der Frauenfußball zum letztenmal zweigleisig: Der Verdrängungswettbewerb für die neue Bundesliga verspricht zwar mehr Spannung, aber kaum eine Niveauverbesserung  ■ Von Matthias Kittmann

Schlechte Nachrichten für Freunde des langweiligen Fußballs! Zum ersten- und zum letztenmal wird es in der zweigeteilten Frauenfußball-Bundesliga richtig um was gehen. Zwar werden auch in diesem Jahr die üblichen Meisterschaftshalbfinalisten schon früh feststehen, doch jetzt haben auch die Kleinen etwas zu verlieren. Es geht um nichts weniger als den Verbleib in der Bundesliga – und zwar der zukünftigen eingleisigen. Platz vier hat plötzlich eine magische Anziehungskraft, denn nur die jeweils ersten vier der Nord- und Südgruppe qualifizieren sich direkt für die neue Liga. Die anderen von Platz fünf bis acht müssen in die Relegation mit den regionalen Meistern. Vier aus 16, eine Qualifikationslotterie für diejenigen, die normalerweise ab März Fußball eher gedöst als gespielt haben. Nur für die jeweils letzten beiden dieser Saison ist alles vorbei, sie steigen direkt ab.

„Dies wird die interessanteste Runde überhaupt“, verspricht Ulrike Ballweg, die Trainerin des unterlegenen Pokalfinalisten SC Klinge Seckach. „Die Qualifikation für die eingleisige Bundesliga ist für uns so ähnlich wie für die Männer der UEFA-Pokal.“ Der Klub aus dem württembergischen Teil des Odenwalds ist so etwas wie der Prototyp eines Platz-vier-oder- fünf-Vereins. Ohne großes Sponsorenumfeld war der reine Frauenfußballklub zwar nie meisterschaftsverdächtig, aber trotzdem immer bemüht, sich nicht im Mittelfeld hängen zu lassen. Das Erreichen des Pokalfinales als größter Erfolg der Vereinsgeschichte gab ihnen recht. Wie dünn die Luft aber weiterhin ist, beweist das Ausscheiden gleich in der ersten Runde des diesjährigen DFB-Pokals. Doch die Fahrt nach Berlin hat sich nicht nur wegen der stattlichen TV-Gelder gelohnt, mit denen der SC Klinge auf einen Schlag zwei Drittel seines Saisonetats schon wieder zusammen hatte. Mit der Badenia-Bausparkasse hat sich auch ein vernünftiger Trikotsponsor gefunden. Doch der Spitzenfußball ist für Seckach nach wie vor eine Gratwanderung.

„Ich bin gegen die eingleisige Bundesliga gewesen“, bekennt Ulrike Ballweg überraschend, die als gleichzeitige Verbandstrainerin nicht den Ruf einer Leistungssportverweigerin genießt. Aber in ihren Augen dient die eingleisige Bundesliga nur den Interessen der maximal fünf Spitzenklubs: „Die Leistungsunterschiede werden eher noch größer statt kleiner werden“, befürchtet sie, „wir werden auch in der 12er-Liga nur Füllmaterial sein.“ Sie ist durchaus für eine weitere Professionalisierung, auch für ein zukünftiges Profitum, „aber das müssen dann alle leisten können und nicht nur drei, vier Klubs.“ Während woanders Spitzenspielerinnen schon mal mit 2.000 Mark nach Hause gehen, reicht in Seckach die Punktprämie gerade mal für ein Essen beim Italiener. „Damit werden wir nie eine Spitzenspielerin zu uns locken können.“ Gleichwohl will Seckach unbedingt die neue Liga erreichen, „denn wer es jetzt nicht im ersten Anlauf schafft, wird Riesenprobleme haben, aus den schwachen unteren Klassen wieder hochzukommen“.

Allerdings bezweifelt Ballweg eine allgemeine Steigerung des Spielniveaus: „Um die Nationalmannschaft zu stärken, was sicherlich notwendig ist, hätte es andere Möglichkeiten gegeben“, sagt die Insiderin, „statt zum Beispiel wie seit Jahren die 18 Bundesligaspieltage über acht Monate auszuwalzen, sollte man lieber eine kompakte Runde in der halben Zeit durchziehen, um dann den Nationalspielerinnen eine kompakte und leistungsbezogene Vorbereitung zu ermöglichen“. Zuschauern, Spielerinnen, Medien und Sponsoren sei doch überhaupt nicht zu vermitteln, „daß nach zwei bis drei Spielen erst mal wieder eine dreiwöchige Pause mit Nationalmannschaftslehrgang, Länderpokal oder DFB-Pokal die Liga fast vergessen macht“. Mit der neuen Bundestrainerin Tina Theune-Mayer hat Ballweg zumindest die leise Hoffnung, daß sich die Spielplanung mal irgendwann ändert, „denn Theune-Mayer hat im Gegensatz zu ihrem Vorgänger mehr das Ohr an den Vereinen“.

Die anderen Klubs teilen zwar die Ballwegsche Kritik, doch die Einführung der eingleisigen Bundesliga sehen Vereine wie FSV Frankfurt, SG Praunheim, Grün- Weiß Brauweiler oder Rumeln- Kaldenhausen eher als längst überfälligen Schritt. „Ohne ein einheitliches Bild läßt sich die Frauenbundesliga nicht vermarkten“, sagt der Manager von Meisterschaftsfinalist SG Praunheim, Siegfried Dietrich. Die Verpflichtung von Nationallibera Doris Fitschen vom TSV Siegen ist ihm nur gelungen, „weil ich die Sponsoren mit der eingleisigen Liga locken konnte“. Medien und Zuschauern sollen endlich wieder interessante Spitzenspiele geboten werden, „diese ständigen Kantersiege machen doch auf Dauer nicht wirklich Spaß“, bekräftigt sein Kollege Jürgen Strödter vom FSV, der selbst erlebt hat, wie ermüdend leichte Siege sind: „Wie sollen sich die Spielerinnen denn motivieren.“ Zumindest in dieser Saison wird es keine Motivationsprobleme geben.