■ Ostsubventionen: Bonn und Brüssel weiterhin uneinig
: Biedenkopf muß alleine baden gehen

Weil Bonn mit seinem Latein am Ende ist, müssen jetzt die Richter in Luxemburg über die VW-Subventionen entscheiden. Die Regierung von Sachsen wird nächste Woche beim Europäischen Gerichtshof Klage gegen die EU-Kommission einreichen. Die Bundesregierung will ebenfalls klagen, und die EU- Kommission wird voraussichtlich Anfang September die Klageschrift gegen Bonn aufsetzen.

Das Gespräch zwischen Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt und EU-Wettbewerbskommissar Karel van Miert hat keine Lösung gebracht – aber immerhin Klarheit: Die Standpunkte sind und bleiben meilenweit auseinander. Selbst der Versuch von Rexrodt, die Sache schönzureden, scheiterte.

Die Pikanterie liegt im Detail. Die Bundesregierung wird nicht, wie in solchen Fällen üblich und von Bonn bisher angekündigt, die Klage von Sachsen unterstützen. Sie wird in Luxemburg eine eigene Klage einreichen, die anders aussieht als das, was sich der sächsische Ministerpräsident Biedenkopf vorstellt. Im Gegensatz zu Biedenkopf bestreitet der Bundeswirtschaftsminister nicht das Recht der EU-Kommission, über Subventionen in Ostdeutschland zu befinden. Er ist lediglich der Meinung, die EU-Kommission habe im Fall VW die Beihilferegeln zu streng ausgelegt. Damit hofft Bonn wenigstens das Gesicht wahren zu können. Wenn es nur um die Höhe der staatlichen Beihilfen geht, ist ein Kompromiß möglich. Für Biedenkopf dagegen geht es ums Prinzip. Doch es ist schwer vorstellbar, daß der Europäische Gerichtshof seiner verwegenen juristischen Argumentation folgt. Der Rechtsprofessor beruft sich auf einen Artikel in den Europäischen Verträgen, der es erlaubt, Unternehmen für die Folgen der deutschen Teilung mit staatlichen Zuschüssen zu entschädigen. Dieser Artikel bezieht sich auf die Zonenrandförderung und wurde bisher, mit Einverständnis der Bundesregierung, ausschließlich dafür angewandt. Gäbe es den Freibrief für Subventionen in Ostdeutschland, den Biedenkopf in dem Artikel sieht, hätte Bonn nie akzeptieren dürfen, daß die EU-Kommission die Subventionen für Eko-Stahl, für Leuna oder für Buna um Milliarden gekürzt hat. Biedenkopf wird in Luxemburg alleine baden gehen müssen. Alois Berger