Regelmäßig gegen Kaution wieder frei

■ Prozeß gegen Norbert V. in Thailand zeigt: Die Bereitschaft, Kunden und Zuhälter strafrechtlich zu verfolgen, wächst

Ein 10jähriger Junge ist vor dem Gericht der thailändischen Kreisstadt Chonburi Hauptzeuge im Prozeß gegen den Deutschen Norbert Karl V. Der wurde Anfang des Jahres in Thailand verhaftet, nachdem er das Kind einem vermeintlichen Sextouristen ins Hotelzimmer bringen ließ.

Der Fall hatte damals in Deutschland viel Aufsehen erregt. Denn V. war in eine Falle getappt: Der „Kunde“ war ein ZDF-Journalist, der in Sachen Kinderprostitution und Geschäfte internationaler Menschenhändlerringe in Südostasien recherchierte. Die Polizei in Bangkok hatte ihn mit versteckter Kamera und Tonband ausgerüstet, einige seiner Aufnahmen waren bald darauf im deutschen Fernsehen zu sehen.

So konnten die thailändischen Behörden schließlich gegen V. vorgehen, der seit 13 Jahren im Badeort Pattaya lebte und in der internationalen Pädophilenszene dafür bekannt war, daß er Sextouristen mit kleinen Jungen versorgte. Im Juli haben die Verhandlungen gegen V. begonnen. Sudarat Sereewat von der Kinderschutzgruppe FACE glaubt, daß der Prozeß sich noch bis in den Herbst hinziehen wird. Für den 10jährigen, den V.'s thailändischer Gehilfe damals auf der Straße angesprochen und zum Hotel des „Sextouristen“ mitgenommen hatte, bedeutet das: Er wird das schreckliche Erlebnis so bald nicht vergessen. Denn nach mehrfachen Verhören durch die Polizei wird er noch einmal zur Aussage ins Gericht kommen müssen. Und dort werden V. und andere Angeklagte in brauner Gefängniskleidung und klirrenden Fußketten an ihm vorbeigeführt.

Für die Thailänderin Sudarat ist diese Verhandlung aber schon ein großer Fortschritt. Bis vor kurzem wurden Sextouristen in Thailand oder auf den Philippinen, die mit Kindern erwischt wurden, regelmäßig gegen Kaution freigelassen – woraufhin die sich ins Ausland absetzten. Dabei halfen ihnen nicht selten auch die eigenen Botschaften, die Reisedokumente ausstellten, obwohl sie wußten, daß ihre Bürger wegen Kinderprostitution vor Gericht gestellt gehörten.

Auch im Falle des Norbert Karl V. konnten die thailändischen Polizisten nicht auf die Kooperation der beiden deutschen Kriminalbeamten zählen, die in Bangkok stationiert sind und vor allem im Bereich des grenzüberschreitenden organisierten Verbrechens arbeiten. Der deutsche Botschafter soll ihnen ausdrücklich untersagt haben, den Thailändern Amtshilfe zu leisten; das Schutzinteresse deutscher Staatsbürger im Ausland sei wichtiger als ihre Strafverfolgung. Das Wiesbadener BKA hatte sich daraufhin heftig beim Auswärtigen Amt beschwert, der Brief gelangte an die Presse.

Insgesamt aber ist nach Ansicht von Kinderschutzorganisationen wie ECPAT sowohl in Thailand als auch in Deutschland die Bereitschaft zu einer schärferen Strafverfolgung der Kunden, Zuhälter und Bordellbesitzer gewachsen. Zehn Verfahren wurden in Deutschland seit der Festnahme Norbert V.'s eingeleitet: Ihre Namen fanden sich allesamt auf Norbert Karl V.'s „Kundenliste“. Jutta Lietsch, Bangkok