Für Immigrantinnen gibt es keine Eintrittskarte

■ Zwar findet Staatssekretärin Korthaase Frauen in technischen Berufen toll – das solartechnische Immigrantinnen-Projekt „Günes“ wird trotzdem weggespart

„Die Aus- und Weiterbildung von Frauen gerade in technischen Berufsfeldern muß forciert werden“, erklärte Frauenstaatssekretärin Helga Korthaase (SPD) vor wenigen Tagen. Eine solche Qualifikation in männerdominierten Berufen sei eine „gültige Eintrittskarte in den Arbeitsmarkt“.

Wie blanker Zynismus klingt dieses Bekenntnis in den Augen von Sevim Celebi. Die Geschäftsführerin von „Günes“, einem umwelttechnischen Ausbildungsprojekt für Immigrantinnen, ist ob der Korthaase-Erklärung fassungslos: Dem deutschlandweit einzigartigen Projekt soll im Zuge der allgemeinen Sparmaßnahmen der finanzielle Hahn abgedreht werden. „Einfach absurd“, findet die zierliche und temperamentvolle Türkin.

„Günes“, türkisch für „die Sonne“, bietet seit Herbst 1994 im Kreuzberger Kiez am Görlitzer Park einjährige Berufsvorbereitungskurse für Immigrantinnen an. Der Grundausbildungslehrgang führt die Schülerinnen praktisch in den handwerklichen Umgang mit Holz, Metall und Elektronik ein und vermittelt theoretische Kenntnisse im Bereich alternativer Energieformen.

Insbesondere auf dem Gebiet der Solartechnik hat das Projekt sich zum Spezialisten entwickelt: solarbetriebene Kochkisten, Uhren und Parabolschirme stehen auf dem Arbeitsprogramm der derzeit 15 Schülerinnen im Alter von 17 bis 47 Jahren, die aus Kamerun, der Türkei, Syrien und Italien kommen. Auch eigene Erfindungen setzen die Frauen inzwischen in Handfertigung um: beispielsweise eine nächtliche Solarbeleuchtung für Telefonzellen. Geplant ist überdies die Konstruktion einer ökologisch korrekten, da sonnenkraftbetriebenen Geschirrspülmaschine für Straßenfeste.

Außerdem vermittelt „Günes“ Praktika und bemüht sich um Kontakte zu Firmen, die die vorabqualifizierten Absolventinnen später als Azubis übernehmen können. „Leider waren unsere Bemühungen in Sachen Ausbildungsplatz noch nicht so fruchtbar, wie wir es uns gewünscht haben“, berichtet Celebi. Alle Schülerinnen habe man im letzten Jahr nicht vermitteln können; nur sechs von neunzehn erhielten einen Ausbildungsplatz.

Das sei wohl auch der Grund, weshalb dem Projekt im April von der Senatsverwaltung für Arbeit und Frauen mündlich das Ende der Förderung mitgeteilt wurde: „Günes“ habe sich nicht bewährt. „Dabei müßte doch klar sein, daß wir – noch dazu mit unserem Anspruch, ,deutsche Männerdomänen‘ aufzubrechen – eine gewisse Anlaufzeit von drei bis vier Jahren benötigen“, sagt Sevim Celebi.

Erklären kann sich Celebi, die schon einmal ein Ausbildungsprojekt für ausländische Frauen im Gesundheitsbereich („Arkasu“) auf die Beine gestellt hat, die Streichung von „Günes“ eigentlich nur „damit, daß unser Projekt sich vorzugsweise an Immigrantinnen wendet. Wir wollen eben verhindern, daß Ausländerinnen weiter die Putzkolonne der Nation stellen. Aus den Reaktionen der Senatsverwaltung können wir aber momentan nur schließen, daß Immigrantinnen in Männerberufen unerwünscht sind. Auch wenn es nicht schön klingt: Das ist Diskriminierung.“

Staatssekretärin Korthaase wollte sich gestern zum Abwicklung von „Günes“ nicht äußern. Eva Behrendt