Index on Censorship

Ob Zensur funktioniert oder am Ende eher doch nicht – das zu beurteilen bin ich in den acht Jahren, seit ich Artikel aus Index on Censorship nun schon für die taz übersetze, eigentlich in einer guten Position gewesen. Aber ich weiß es bis heute nicht.

Ich bin mir relativ sicher, daß eine unzensierte Kriegsberichterstattung in Serbien eine sehr viel stärkere Opposition erzeugt hätte – und den kroatischen Präsidenten vermutlich entmachten könnte, wie Romana Dobnikar-Seruga in ihrem Porträt der kontrollierten Medienlandschaft Exjugoslawiens nahelegt. Ein Befund, den Marinko Culić sicher bestätigen würde. Sein Text beschreibt den „Versöhnungsalptraum“, in den Franjo Tudjman seine „Untertanen“ derzeit treibt.

Die Osteuropaexpertin von Index,Irena Maryniak, zeigt dagegen in ihrem Beitrag, wie organisierte Religionen mit Rußland einen neuen „dunklen Kontinent“ mit ihren Sinnstiftungen erfolgreich überziehen. In der zunehmenden Konkurrenz von orthodoxem Christentum und New-Age-Religionen besteht dort eine neue Versuchung zu Zensur und staatlichem Eingriff zur Einschränkung der religiösen Freiheit.

Wieviel Information ist wirksam, wann beginnt der Overkill, wo setzen Indifferenz und Selbstzensur ein, die es der offiziellen Zensur so leichtmachen? Ich bin in diesen acht Jahren skeptischer geworden. Und vielleicht auch deshalb um so mehr davon überzeugt, daß das wenige, was machbar ist, gemacht werden muß: überall – ja, auch in der Bundesrepublik – eine wirklich unabhängige Presse – ja, auch die taz – zu schaffen und zu erhalten. Und damit auch ein Projekt wie Index on Censorship.Uta Ruge, London