Bosnische Flüchtlinge sollen gehen

■ Borttscheller-Linie setzt sich durch: CDU kippt SPD-Vorstoß zum vorläufigen Abschiebestopp

Von der Bremer Polizei soll niemand in ein offenes Minenfeld getrieben werden. Auf diese Minimalposition konnte sich die Große Koalition gerade noch verständigen, als die Fraktionsspitzen Ronald-Mike Neumeyer und Christian Weber am Mittwoch abend mit ihren ausländerpolitischen SprecherInnen zusammensaßen, um eine gemeinsame Position zur Rückführung der Bremer BosnienFlüchtlinge zu finden. Doch schon bei der Frage, ob deren Abschiebung erst dann möglich sein soll, wenn in der Heimat „ein menschenwürdiges Wohnen möglich ist“, schieden sich die Geister: Die CDU-Vertreter mochten dieser Bedingung, die die SPD in den Vorschlag zu einem gemeinsamen Antrag aller vier Bürgerschaftsfraktionen aufgenommen hatte, partout nicht zustimmen. Und das, obwohl Grüne und AfB bereits ihre Zustimmung zu einem solchen gemeinsamen Beschluß signalisiert hatten.

Das Ergebnis der nächtlichen Beratung war am Ende gar keines, und so wird Innensenator Ralf Borttscheller in der nächsten Woche ohne eine Position der Bürgerschaft zur Innenministerkonferenz von Bund und Ländern fahren, auf der noch einmal über eine Verschiebung des bisher für den 1. Oktober vorgesehenen Beginns einer zwangsweisen „Rückführung“ der Bosnien-Flüchtlinge in Deutschland entschieden werden soll. Damit ist klar, daß sich Bremens Stimme nicht für einen weiteren Aufschub erheben wird. Borttscheller hatte in den vergangenen Tagen bereits mehrfach deutlich gemacht, daß er die Lage in Bosnien inzwischen für gut genug hält, um mit der Abschiebung zu beginnen.

„Wir haben es vorgezogen, lieber gar keinen Antrag in die Bürgerschaftssitzung einzubringen als einen Kompromiß mit der CDU, der die Frage der zwangsweisen Rückführung offen läßt“, sagte die ausländerpolitische Sprecherin der SPD, Barbara Wulff. Das Thema kam gestern durch einen Dringlichkeitsantrag der Grünen zwar doch noch auf die Tagesordnung der laufenden Parlamentssitzung. Da es jedoch ganz am Ende der Tagesordnung landete, wurde es nicht mehr behandelt. „Jetzt haben wir in der September-Sitzung noch eine allerletzte Möglichkeit, vor dem Stichtag 1. Oktober Position zu beziehen“, sagte Barbara Wulff.

Daß es dazu kommen wird, ist angesichts der in der CDU vorherrschenden Meinung zum Thema nicht zu erwarten. „Wir halten es gerade auch im Hinblick auf die Akzeptanz und Unterstützung der deutschen Bevölkerung für geboten, über die Notwendigkeit der Rückkehr und ihren baldigen Beginn keinen Zweifel zu lassen“, heißt es in dem CDU-Vorschlag zu einem gemeinsamen Antrag mit der SPD an die Bürgerschaft. Schließlich würden auch die zur Zeit rund 800 freiwilligen RücckehrerInnen aus Deutschland im Monat „beweisen, daß eine unter dem Gesichtspunkt fehlender Gefährdung für Leib und Leben erfolgende Rückkehr möglich ist“.

„Eine zwangsweise Rückkehr ist völlig undenkbar“, meint dagegen die Organisatorin der Bremer „Brücke der Hoffnung“, Andrea Frohmader, die erst gestern morgen aus Bosnien zurückgekehrt ist. Es gebe kein einziges bosnisches Dorf und keine Stadt, in der nicht selbst in weitgehend zerstörten Wohnungen Flüchtlinge einquartiert sind. Auch die Massenquartiere in Schulen konnten noch nicht aufgelöst werden. „Und die Angst ist weit verbreitet, daß es in den nächsten Wochen noch einmal zu Waffengängen kommen wird.“ Ase